Geschichte der Juden in Tachau und Umgebung. Bearbeitet von Josef Schön, Tachau. 1 aohau (č. Tachov) kann getrost zu den ältesten Judenansiedelungen Böhmens gezählt werden. Den verbürgten Nachrichten zufolge, dürften sich schon im 11. Jht. Juden hier angesiedelt haben, stammt doch der Verfasser des „Owinu Malkenu" Rabbi M o-ses ben Chisdaj aus T., der im 13. Jht. gelebt hat, woraus zu schließen ist, daß schon zumindest ein Jht. vorher ein rühriges Gemeindeleben in T. geherrscht haben mußte. Wo sie in T. vor dem 15. Jht. gewohnt haben, läßt sich heute nicht mehr feststellen, da die Hussiten-wirren alle Spuren der Vergangenheit verwischt haben. Die einzige Stelle, welche auf eine Judensiede-lung vor dem 15. Jht. in T. hinweist, war der alte Judenfriedhof, der heute auch schon verbaut ist. An dieser Stelle stehen die Häuser CNr. 472—474 1). Es kann daraus geschlossen werden, daß sie innerhalb des heutigen unteren Stadtteiles gewohnt haben, da der älteste Stadtteil der heutige „Gänsbühl" ist und sich in derselben Höhe auch der älteste Friedhof mit der ältesten Kirche in der Mitte befindet, so wurde den Juden in der Nähe ihres Wohnsitzes an der südlichen Seite, außerhalb der Befestigungswerke diese Stelle als Begräbnisstätte zugewiesen. Jedenfalls werden sie auch da, — mehr aus inneren Ursachen, als durch äußeren Zwang in einem abgeschlossenen Viertel gewohnt haben. Diese alte Begräbnisstätte bestand jedenfalls schon vor dem 15. Jht., da der dermalige Friedhof bereits zu Beginn des 16. Jhts. in Benützung stand 2). Die durch die Hussitenwirren hervorgerufene Vernichtung jedes geschäftlichen Lebens in T., zwang jedenfalls die Juden diese ihre Heimstätte zu verlassen, da ihnen durch die Verödung des Gebietes jede Existenzmöglichkeit genommen war. Mit der allmählichen Wiederkehr geregelter Verhältnisse im 15. Jht. finden wir schon wieder Juden in T. Die ersten verläßlichen Nachrichten darüber finden sich in einem alten Stadt- und Schloßurbar, das jedoch erst mit dem J. 1550 beginnt. In diesem Urbar werden uns im J. 1552 fünf Judenfamilien aufgezählt, die den Judenzins entrichteten. Es sind clies: „Matias Jud, Maier Kohn, Leb Jud, Schewl und Hans P r i e s t e r." Der letztere wird jedenfalls der Rb. gewesen sein, da ein Kohen (Maier Kohn) bereits angeführt ist. Aus dem Umstände nun, daß sich die Juden schon zu jener Zeit einen Rb. halten konnten, muß angenommen werden, daß die Anzahl der Judenfamilien jedenfalls größer gewesen sein mußte, als es das Urbar anführt. Es werden möglicherweise nicht alle Juden-familien den Judenzins entrichtet haben. Schließlich kann ja auch angenommen werden, daß nicht die ganze Anzahl der Judenschutzzins zahlenden Juden aufgenommen wurde, um den Ertrag der Herrschaft herabzudrücken, da diese Familien — anläßlich der Abschätzung des Ertrages der Herrschaft — angeführt wurdens). Im Vergleiche zu anderen Judenansiedlungen waren die Juden in T. auf Rosen gebettet. T. ist eine der wenigen deutschen Städte, wo die Juden seit jeher unangefochten und friedlich leben konnten. Verfolgungen, Mord, Plünderungen, Ausweisungen gab es in T. nicht. Sie blieben wohl vom den Schikanen und Beschränkungen, die die Zeit mit sich brachte, nicht verschont, sie mußten ihr Schutzgeld bezahlen, ihren Robot verrichten und eingepfercht in der Judengasse wohnen. Oft bildeten sie den Zankapfel zwischen Herrschaft, Stadt vind Hofkaraimer, ein jeder reklamierte das Schutzgeld für sich und wer es nicht erhielt, verlangte die Ausweisung der Juden, die der Bürgerschaft zum Schaden seien. Und doch wünschte jeder, daß sie bleiben, denn sie waren doch ein gutes Ausbeutungsobjekt. Im J. 1555 beanspruchte die Stadt und die Herrschaft den Judenzins, worauf von der Hofkammer ein Reskript herablangte, daß der Judenzins seiner Majestät vorbehalten bleibt4). Die Folgen dieses Reskriptes war eine Eingabe um die andere, daß die Juden der Bürgerschaft zum Schaden seien, sie mögen ausgewiesen werden und als endlich eine einwilligende Entscheidung herablangte, war es dem Pfandbesitzer erst nicht recht. Im J. 1560 langte endlich eine Hofkammerentschei-dung herab, wonach der Judenzins der Herrschaft zugesprochen wurde. Seit dieser Zeit hörten die Eingaben um Judenausweisung auf. Bei dieser Gelegenheit erfahren wir, daß 15 Judenfamilien das Schutzgeld bezahlten. Der Judenzins mußte zweimal im Jahre bezahlt werden, zu Georgi d. i. am 24. April und zu Galli d. i. am 16. Oktober je 5 Schock Gr. von jeder Familie. Außerdem mußten sie beim Schlosse das Heu einräumen und auf den Hoffeldern den Hafer. Als Siedelungsstätte dieser Zeit'kommt nur die heutige Tempelgasse in Betracht. Seit dem 15. Jht. lag es un Zuge der Zeit, den Juden das schlechteste Territorium als Siedelungsstätte zuzuweisen und dies war in T. zu jener Zeit, die heutige Tempelgasse. Sie ist wohl zentral gelegen, durch ein schmales Gäßchen mit dem Ringplatze verbunden5). Das Stadt- und Schloßurbar weiß im J. 1554 nur von 4 Judenhäusern zu erzählen, aber schon 1580 von 6 Häusern. 1608 waren es bereits 8 Häuser. Es sind die Häuser CNr. 511 bis 518 8). Der Anfang des 17. Jhts. bedeutet für die Stadt T. und in Verbindung mit dieser auch für die Juden eine neue Ära. Im J. 1596 gelang es der Stadt den Pfandbesitz der Herrschaft an sich zu bringen. Anläßlich der Übernahme der Pfandherrschaft durch die Stadt /« J"?] wird im Urbar im J. 1605 folgendes angeführt: \ßo I