der königl. Kammerräte und ohne Entscheidung des Königs zu unternehmen. Es kam dann für S. das böse Jahr 1540. Die Eger hatte einen Großteil der Vorstadthäuser mitgenommen — wieweit auch Judenhäuser weggespült wurden, steht nirgends verzeichnet —, die Bevölkerung wartet nur auf das geringste Zeichen, um über ihre jüdischen iMitbewohner herzufallen. Jörg Augustin) soll zum Bürgermeister gewählt werden und entzieht sich der Wahl nur durch rasche Abreise. Seuchen und Heuschrecken zehren außerdem am Wohlstand der Bevölkerung. Am 13. November 1541 kam es zu einem furchtbaren Blutbade, daß die jedenfalls am Sonntag alkoholisierte Menge unter den Juden in S. anrichtete. Aus der Chronik eines Prager Prämonstratensers, namens Sudik (Annales 1527—1725), erfahren wir darüber folgendes: Ein Vierte'lihauptmann, seines Zeichens ein wohlbestallter Weißgerber, dem als Offizier der Bürgerwache das Judenviertel (Ghetto) zur Bewachung zugeteilt war, der Name des Ehrenmannes ist Johann Pedal, hat sein Viertel umgegangen und im Namen des Bürgermeisters dann den Bürgern „angedeutet", sie sollen die Juden überfallen, plündern und wegjagen, was natürlich seine eigene Erfindung war. Er und Johann Straka, ein Kürschner, der sich dann gegen den Stadtrichter Kučera stellte, wurden von dem Stadtrat als Rädelsführer des Mordens bezeichnet. Wie weit in dieser Anzeige bei den Stadtherren 'die Absicht eine Rolle ■spielte, sich von zwei unbeliebten Elementen zu befreien, läßt sich heute nicht mehr überprüfen. Als Hauptbeteiligte des Aufstandes kommen Kleinbürger, Handwerker und Gesellen in Betracht, zu welchen einige čečhisehe Schriftsteller wie Winter, Rybička, Emier u. a., auch Bewohner vom Lande, als Mittäter hinzufügen. Die Quellen beschreiben genau,' wie die Juden aus den Betten in Hemden auf die" Gasse getrieben wurden, wie sie erschlagen wurden, wie ihr Hab und Gut an die Plünderer aufgeteilt oder vernichtet wurde. Interessant ist, daß dabei eine Quelle die Behausungen der Juden als „außerhalb der Stadt" liegend bezeichnet. Als der König von dem Blutbad Kenntnis erhielt, ließ er sofort alle 24, nach anderen Quellen 30 Ratsherren samt dem Bürgermeister Magister Nikolaus Czernobyl nach Prag kommen, um sie zur Rechenschaft zu ziehen. Sie wurden alle in die Daliborka gesperrt. Sie stellten dann Bürgen, wurden nach Hause gelassen und nur die vorgenannten beiden Bürger wurden dem Scharfrichter übergeben. Die Stadt wurde verurteilt, sofort 4000 rheinische Gulden als Schadensgutmachung an den König zu zahlen, weiters alles das, was geplündert und geraubt worden war, den Geschädigten zurückzugeben. Am 15. Juni 1543 erließ Kaiser Ferdinand einen Gnadenbrief, kraft welchem er der Stadt S. aine allgemeine Verzeihung wegen der Ausschreitungen gegen die Juden angedeihen läßt und ihnen zugesteht, daß fortan keine Juden mehr in der Stadt wohnen sollten. In der Zwischenzeit hören wir immer wieder von Saazer Juden, die vom Auslande her klagen und Ansprüche erhoben auf das seinerzeitige kgl. Urteil, das die Saazer verpflichtete, den Schaden gutzumachen. Sogar einige königl. Handschreiben erfließen in dieser Angelegenheit, da aber die Sanktion fehlt, sind sie wohl alle vergebens. Im J. 1584 erschien dann der Erlaß Kaiser Rudolfs II., der den Juden den Zutritt zu den Märkten S., Leitmeritz und Laun wieder gestattete. 1637 gab Kaiser Ferdinand III. den Saazern die seinerzeit genommenen Privilegien zurück, gleichzeitig erschien ein strenges kaiserliches Reskript, daß den Juden in S. nicht einmal mehr das Übernachten gestattete. 1650 beschloß schließlich der böhmische Landtag, daß diejenigen Städte, in denen am 1. Jänner 1618 kein Jude gewohnt hat, beziehungsweise welche das Privilegium haben, Juden in ihrer Stadt nicht zu dulden, für alle Zeiten judenrein zu bleiben haben. In diesem Zustand befanden sich damals 30 Städte Böhmens, unter ihnen auch S. Mit diesem Landtagsbeschluß endete die ältere Geschichte der Juden in S. * Erst in den Jahren 1848 bis 1850 zogen einzelne jüdische Familien aus den umliegenden Dörfern nach S. und im J. 1851 gab es hier schon die ersten zwei jüdischen Hausbesitzer; Seligman Wolf aus Milloschitz hat das Haus Nr. 179 in der Langen Gasse und Josef Herschmann aus Horschenz das Haus Nr. 16 in der Rösselgasse käuflich erworben. Da fiel es dem damaligen Stadtrat ein, sich auf das Reskript Ferdinands III. aus dem J. 1637 zu berufen und an die Juden den strikten Auftrag zu richten, die Stadt zu verlassen. Ein Gesuch an den damaligen Statthalter bewirkte, daß der Befehl aufgehoben werden mußte. Als die ersten jüdischen Ansiedler nach dem J. 1848 werden Joachim Lederer'als Lieferant für Proviant und Fourage des in S. stationierten Kavallerieregimentes undi Josef Lustig als Pächter der ärarischen Mauten angeführt. Die Zahl der in S. ansässigen oder daselbst wohnenden Juden hat um das J. 1860 die Höhe von etwa 800 erreicht, doch war der Sitz der K. G., das Gotteshaus und die Matrikenführung bis zum J. 1864 nicht in S., sondern in der Muttergemeinde LIEBOTSCHAN (c. LIBOČANY), 4 km von S. entfernt, und diese selbst gehörte zum Rabbinate in Postelberg, 10 fem von S. entfernt. Die Liebotschaner Matrik wurde seit dem J. 1827, in dem hiezu gehörenden Neusattl seit 1800 geführt. Im J. 1864 wurde Sitz und Verwaltung der K. G. nach S. überführt, die Synagoge in Liebotschan aufgelassen und das Haus Nr. 638 in der Prager Gasse käuflich erworben, wo sich bereits einige Jahre der provisorische Betsaal befunden hatte, in denselben wurden nun die rituellen Einrichtungen der Liebotschaner Synagoge übertragen. Über die Entstehung der jetzigen Saazer K. G. berichtet ein Protokoll, aufgenommen am 20. März 1864 unter dem Vorsitze des Vorstehers Joachim-Lederer im Hause Nr. 638 in S. Anwesend: „Die gefertigten Mitglieder der vereinigten K. G. Saaz-Liebotschan. Am 15. März 1863 wurde von sämtlichen in Liebotschan, Neusattl Dehl-au und S. wohnenden Mitgliedern dier K. -G. Liebotschan der Beschluß gefaßt, die in Liebotschan bestehende Synagoge aufzulassen und nach S. in ein anzukaufendes Haus zu übertragen. Infolge dieses Beschlusses wurde das Haus Nr. 638 in S. angekauft und mit dem Vermögen der Liebotschaner K. G., und dem Erlöse mehrerer an Gemeindemitglieder verkauften Sitze bereits eine Abschlagszahlung von 7000 fl. ö. W. geleistet. Da nun der K. G. die Bewilligung zur Übertragung der zu Liebotschan bestehenden Synagoge in ihr Saazer Haus Nr. 638 laut k. k. Statthaltereierlasses vom 8. Oktober 1863, Z. 55.211, und k. k. bezirksämtlicher Verständigung vom 26. Oktober 1863, Z. 4329 erteilt wurde und in dem Hause Nr. 638 die Einrichtung eines Betlokales tatet 580 bereits vollendet ist, so wurde heute folgendes zum Beschluß erhoben: Wir sämtlichen Kultusgemeindemitglieder erklären uns einverstanden: a) Die Synagoge in Liebotschan gänzlich aufzulassen, b) auf unsere eigenen Sitze, wie auf die als Gemeindegut gemeinschaftlichen Sitze zu verzichten, c) sämtliche in der Liebotschaner Synagoge befindlichen rituellen Einrichtungen wie die heiligen Torarollen usw. in das Haus Nr. 638 in S., wie es jetzt besteht, oder wie es bei dessen Veränderung in ein Bethaus bestehen wird, zu übertragen. <3. SSolf ßeopolb gelier £yofef |>erf(f)mann Qfrael gifdjer (Samuel $Ieifcfjev 3faíp& mann Soadfjim Seöeter Tl. ßöroner Sofef Sufttg SBttijeCTn (Srünöaum äftorti; ©ájroager SSilljelm 2B6I • 3afo5 Sßefeter SIbolf SÖlenbi Slboíf íMlher Sftael Seltner 3. 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G. einen eigenen Friedhof an der Trnowaner Straße errichten, auf welchem Regině Glaser als erste bestattet wurde; bis dahin wurden die Toten auf den israel. Friedhöfen in" Tscheraditz, Liebeschitz usw. beerdigt. Im J. 1880 wurde bei dem Friedhofe die Totengräberwohnung Nr. 756 erbaut, im J. 1902 ließ das Ehepaar Leopold und Sofie Bechert die Zeremonienhalle errichten. Als K. V. fungierten: Joachim Lederer 1864 bis 1878, Leopold Bechert 1878—1883, JUDr. Viktor Richard Katz Moritz Ábeles Robitschek 1883—1889, JUDr. David Löwi 1889—1892, JUDr. Adolf Anspach 1892—1909, Eduard Kohn 1909—1927, Siegfried Löwenbach 1927—1932, JUDr. Hugo Löwy seit 1932. Als T. V.: Israel Kellner, Adolf M e n d 1, Leopold Bechert, Adolf E p s t e i n, Siegm. L ö w y, Siegfr. Kohn, MUDr. Eugen G r ü n f e 1 d, 1907 bis 1919, Rieh. Katz seit 1919, langjähr. K.Vstv. war Siegm. L e d e r e r, Sohn des K. V. Joachim Lederer. Die Beerdigungsbrüderschaft konstituierte sich im J. 1869; als Vorsteher fungierten: Josef Lustig 1869—1876, Adolf Abraham Kellner 1876—1890, Moritz Grünfelder 1890 bis 1902, Siegmund Löwy 1902—1905, Moritz Rindskopf 1905—1918, Adolf Kellner 1918—1928, Zatec X 581