Geschichte der Juden in Ro'kitnitz. Bearbeitet von Karl Hostovshý, Senftenberg. Aus der Stadtchronik erfahren wir, daß sich die ersten Juden in Rokitnitz (č. Rokytnice) gegen Ende des 17. Jhts. angesiedelt haben. Eine Stelle gibt das J. 1697 an und berichtet, daß diese Ansied-lung nach vorhergegangener „hoher Bewilligung und Consens" des damaligen Gutsherrn von R., Reichsgrafen Christoph Wenzel von Nostitz geschehen ist, ,.gegen ein jährliches Schutzgeld, der gnädigen Herrschaft als Obrigkeit verpflichtet zu entrichten". Auf ihr „unterthäniges Bitten" kauften sich 8 Judenfamilien in der Niedergasse (der späteren Judengasse) an. Sie besaßen zu beiden Seiten der „Unter-gasse'% wie sie zu jenen Zeiten genannt wurde, je 4 Häuser, demnach in derselben Gasse 8 Häuser. Bald aber kamen andere Judenfamilien nach R. und siedelten sich hier an. Im J. 1718 wandten sie sich an den Magistrat und die Bürgerschaft des Städtchens mit der Bitte, „sich einen Beerdigungsplatz für ihre Toten" anlegen zu dürfen. Sie erbaten sich einen Teil der Auen-Fleckeln zwecks Anlegung eines Friedhofes. Tatsächlich überließ die Bürgerschaft von den Auenfleckeln ein Stück Grund und Boden zum oben bezeichneten Zweck u. zw. in der Länge von 23 Ellen, in der Breite von 18 Ellen, aber nicht als Eigentum, sondern mit dem Vorbehalt, wenn daraus Streitigkeiten zwischen Bürgerschaft und Judenschaft entstehen sollten, diesen Platz im selbigen Ausmaße zurückzunehmen und nach Belieben zu kassieren. Hierüber ist damals ein Protokoll aufgenommen worden, das im städtischen Archiv aufbewahrt gewesen ist und folgenden Wortlaut hatte: „Demnach die Rocketnitzer Judenschaft etliche Male alle insgesambt bey der Bürgerschaft des Sladtl Roketnitz bittlich einkommen seynd, alldieweil auf das Begräbnisplatzl auf dem Stadtl Gründung Privilegierten von den Städtler Auen, haben mit Bewilligung der hochgedachten gräflichen Erbherrschaft also ein Stück zu solchem Begräbnis in Allem in der Breitt 193m Ellen und in der Länge 23 Ellen in Ausmasse von 115V-2 Quadratklafter. Aber doch mit dem Vorbehalte: nicht zu Leib Eigen sondern wenn sich eine Streitigkeit er-eygnen sollte, so hat das Stadtl ivieder und solchem Stück Maass zugemessen werden zu thun und zu lassen und selbige Macht wieder zu kassieren." Die Judenschaft hat sich erbötig gemacht von dem Begräbnisplatz jährlich 30 Kreuzer „Zinsen zu legen'' und sich verpflichtet ohne Kenntnis und Willen der Herrschaft und Bürgerschaft zum Begräbnisplatz nichts zuzubauen. Ende des J. 1718 war der erste Termin der Zinslegung von 30 Kreuzern. Würde alljährlich der Zins nicht erlegt werden, sollten die Juden des Platzes verlustigt werden. „So geschehen auf dem Rathhaus Rocketnitz 3. Juny anno 1718." Im J. 1712 erbaten sich die Juden die Überlassung eines Platzes zwecks Erbauung eines Bethauses. Vom Grafen Nostitz und der Bürgerschaft wurde dies bewilligt. Es war ein Holzbau und stand dort, wo sich heute der steinerne befindet. Tempel in Rokitnitz. Aus dem „Würthschafts Grundt Buch, worinnen alle Juden Kauf und was sonsten an Häusern, Mühlen oder anderen von der gnädigen Herrschaft Zeit 1715 verkauffet ivcrden." Rokitnitz. Eingetragene Erbkäufe' der Schutzjuden von R.: Elias Joseph, 16. Okt. 1764, Herschel Wolf, 16. Okt. 1764, David Joseph, 5. Jänner 1765, Isac Herschel, „Schutzjuden beim Stadtl Rokitnitz", 29. Okt.. 1764, Marcus Jakob, 12. Nov. 1773, David Joseph „erkaufet das Haus in der Nieder Gassen seinem Sohne'' (Haus Nr. VI.), 7. April 1783, Salomon Soukels, —, Josef Israel und Abraham Israel, 5. April 1780, Löwe Riesner, „um das Judenhaus Sub. Nr. I. dann Brandweinbrenner gegen Zins", Isaac Beran, 26. August 1716 (?), Salomon Elias, ? ? 1723, Philipp Pardu-bitzer, 12. Sept. 1707, Abraham Pollack, 12. Sept. 1707, Joseph u. Jacob Pollack, 26. Sept. 1707, Phillip Moises, 26. Aug. 1771, Abraham Lebeis, 26. Aug. 1771, Lazar Jakob, 26. Aug. 1771. Der sämbtlichen Judenschaft Erbkauf der Juden-schul in der Nieder Gassen den 30. Sept. Anno 1708. Joseph Weiss kauft am 10. Mai 1788 von der Herrschaft „den bisher unbewohnt gestandenen Judenbauplatz Sub. Consc. Nr. 8". Nathaji Mahler kauft am 10. Mai 1788 von der Herrschaft „den bisher unbewohnt gestandenen Judenbauplatz Sub. Consc. Nr. 9". 5TO Abraham Lowy, „scnutzjua una juaenoegiauo-ter", wird am 10. Juni 1788 Wohnungsrecht in Rokitnitz einberaumt. Moises Bradi, Verkäufer, Joseph Weiss, Käufer, vom 6. April 1802, Joachim Beran, 24. Juni 1708, Herschel Jacob, 16. ? 1715, Herschel Cantor, 20. Sept. 1709. Kontrakt zwischen Joseph Weiss „und seinem Mitcompanion Nathan Mahler" einerseits und der Witwe Barbara Lindner andererseits am 15. Aug. 1798. Joseph Israel kauft von Abraham Israel am 5. Fe-ber 1780 das Haus Nr. V. in der Nieder Gassen. Am 17. Oktober 1861 fiel der Tempel nebst vier hölzernen Judenhäusern einem Brande zum Opfer. Im J. 1864 wurden die 4 Judenhäuser und 1868 auch der Tempel neu von Stein aufgebaut. Bis hierher die Stadtchronik. Ich habe ferner aus anderen Quellen Nachstehendes erfahren: Als das gegenwärtige Tempelgebäude erbaut wurde (i. J. 1868) war der Kaufmann P o r g e s Ortsbürgermeister von R. (seit 1864), ein sehr angesehener Jude. Ob er auch K. V. war läßt sich nicht feststellen. Ehemalige Jüdische Schule in Rokitnitz. Als Vorsteher werden genannt: Nach dem J. 1870 Josef Weiss, Ignaz Weiss, Sohn des David Weiss und Isidor M a u t h n e r. Rb. gab es angeblich in R. keine in dem letzten Jht. Ob hier früher welche gewirkt haben, ist unbekannt. Lehrer Jeremiáš Munk gewirkt, der 1922 im Alter von 88 Jahren starb. : Der Holztempel war ein einstöckiges Gebäude. Unten befand sich der Bétsaal, oben die Judenschule mihelm Ábeles Eduard Reich und die Wohnung des Lehrers. Ein Lehrer namens L u c k, soll hier um das J. 1860 gewirkt haben. Lehrer war hier ferner Wilhelm Ábeles, welcher auch an der Volks- und Bürgerschule unterrichtete *). Im J. 1893 hat sich die Rokitnitzer J. G. aufgelöst und die dortigen Juden haben sich der Senftenberger J. G. angeschlossen. Später wurde auch der Tempel aufgelassen, das Gebäude jedoch erhalten. Noch im J. 1904 wurde die Bedachung repariert. Das der Gemeinde gehörige Haus Nr. 157 in R. wurde im J. 1896 verkauft. Im J. 1920 wurde das Tempelgebäude durch die Gemeinde veräußert und soll demnächst in ein Wohnhaus umgewandelt werden. Die Sterbematriken datieren seit 1787. Gegenwärtig wohnen nur noch 2 Judenfamilien E 1 b o g e n und Mautner in R. Um das J. 1860 gab es ihrer noch 15. * *) Am 6. Mai 1843 zu Petschau (Böhmen) geboren, absolvierte er die Realschule, war dann als Lehrer an der Judenschule in Unterkralowitz, Soběslau, Weseritz angestellt. Nach diesen Anstellungen bewarb er sich um die Stelle eines Lehrers an der öffentlichen Volksschule in Rokitnitz, die ihm infolge seiner erstklassigen Qualitäten, obwohl dazumal im alten Österreich bloß 2 jüdische Lehrer in öffentlicher Stellung waren, verliehen wurde. Durch seine Tüchtigkeit wurde er auch für S. als Rgl. bestimmt, wo er viele Jahre unterrichtete. Ebenso war er als Vorbeter sehr gesucht und überall sehr beliebt. 571