Prag in der Judenstadt Einiges sterben unter den Juden Inn der Judenstadt Ereignen hätte undt fast täglich Bis 25 Personen mit todt abgehen sollen, tvorauff zu besorgen die grosse Gefahr allermeistens untter unszeren Tuchmachern, unter ihnen Juden viel zu verrichten haben, bereits obhanden sein kvürd. Daher diesem nach E. E. Rath — Gemein-Eltisten und sambt denn Eltesten des Handwerks der Tuchmacher Beygebracht Vndt selbe Ermahnt womitt zur Verhüttung einigen Überkommens der Seuche (wahrfür unsz Gott gnedig Behütten soll) ein solches Ihrem mittmeistern, welche nach Prag zu fahren pflegen, anzeugen, damit sich selber Hütten undt alszo dahinn zu gehen, Enthalten sollen." Es scheint, als ob Prager jüd. Kaufleute in R. mitunter behelligt wurden. Darauf deutet eine Zuschrift des Statthalters an den Hauptmann der Prager Altstadt hin7 worin er ihn ersucht, den dortigen Juden zu eröffnen, daß es der Reichenberger Obrigkeit freistehe, „die Unterhändler nach eigenem Gefallen an- und aufzunehmen, auch wiederum!} abzuschaffen und damit die jüd. Tuchhändler in annehmung der Reichenberger Tücher sich nicht Jer (irre) machen lassen" li). Im gleichen Jahre (1719) scheint es auch zu Differenzen, über die aber nichts Näheres bekannt ist, zwischen den Tuchmachern und dem Prager Tuchhändler Jaiteles gekommen zu sein, denn der Statthalter erkundigte sich in derselben Zuschrift, ob nicht ein Kontrakt vorhanden sei. Prager Juden betätigten sich aber auch als sogenannte Pesohoresmacher, d. h. Ausgleicher, die den R. Tuchmachern beim Verkauf ihrer Waren an die Hand gingen und Differenzen zwischen den Tuchmachern und ihren Kunden ausglichen15). Zwei hochinteressante Dokumente belehren uns über diese Art der Betätigung der Prager Juden. Im Friedländer Lehen IV, Landesarchiv (S. 1) findet sich „der Prager Juden und Peschores-macher Obligation und Revers", die Reichenberger Tuchmacher betreffend. „Demnach Titl. Herrn Johann Wenzel Graf von Gallas und endesunterschriebenen Prager Juden als sogenannten Peschoresmacher die gnäd. Erlaubnis mit obrigk. Verordnung getan, den Reichenberger Tuchmachern, welche von Zeit zu Zeit ihre Tücher u. Pey nach Prag zum Verkauf einführen, treulich an die Hand zu stehen und selbe ohne alle Falschheit zu vertreten; als tuen wir hiermit öffentlich vor jedermann insonderheit aber, wo es von nö-ten, Urkunden und bekennen vornämlich aber hochgedacht Ihro Hochreichsgräfl. Gd. dero Herrschaften Ämter und besagte Handwerk der Tuchmacher in R. bei unseres Vermögens, es mag bestehen in was Mitteln es immer möge, aufrichtig versprochen und angeloben, das wir solchen Handl mit besagten Tuchmachern getreulich, ehrlich und aufrichtig pflegen, besonders aber ihre Reisen nach Prag, sobald sie all-hier ihre Ware auspacken oder wann es ihnen gelegen also gleich ihre Tücher und Pay in billigen und zur Zeit gänzig Kauf behandeln, also gleich baar Bezahlung an gangbarer unverfälschte Müntz oder mit guter ihnen anständigen Wolle wans ihnen beliebt, oder anderen Sachen völlig notieren, auch die Tücher sie mögen nun kern oder 1 Siegler, 2 oder 3 Siegler sein nach deine selbigen von denen dasigen Beschaumeistern für tauglich erkannt und besiegelt worden. Dafern aber selbige wieder uns Ein oder andern Vordrießliche Einwendung oder Klagen zu führen mögen, solche bei den H o c h g r ä f-liehen Hausmeister zu Prag in unserer Abwesenheit anbringen und nachdem er selbte ihre hochgräfl. Gn. würde referiret und dero Erkenntnis riovüK^i- prViohen haben, und welcher Obrigkeit Aus- spruch wir und jederzeit gehorsam halten und regulieren wollen, besagte Tuchmachern vor die abgekauften Tücher und Pay richtige Raitung tun und wann hierin einige Irrtum zum Schaden der Meister vorfallen sollte, ihm zur Ausführung der Sachen ein sechswöchentlichen Termin verstatten, im Fall sie aber solchen Termin verschliefen, ihretwegen keine, fernere Verantwortung auf uns behalten und können wie wir dann auch weiter dahin erklären, wenn sie Tuchmacher hin und her im Tande'lmarkt oder anderen Orten in Prag andern Juden mit unseren Vorbewußt ihre Tücher oder Pay auf weitere Bezahlung «editieren, das restierende Geld zur bestimmten und pactierten Zeit ordentlich einzufordern, ihn es einzuhändigen und hierunter allerhand Vorteil zu verhüten vmd weil die Tuchmacher da und dorten einen freien Wolle.inkauf haben, auch die dergleichen bei anderen Juden und Handelsleuten ohne unseren Wissen und Willen einzulassen befugt sein, also können wir ihnen in diesem Fall, wenn solcher ohne unser Wissen und Willen geschieht, dafür nicht gutstehen, wann sie aber die Wolle mit u n-ser Wissen und Willen erkaufen sollten, wo wird uns allermaßen obliegen, daß sie bei Vorfallung die gnädig ausgesetzte Strafe damit keineswegs verlustig werden, maßen auch wann die Tuchmacher einige Tücher oder Pay in unser Hände oder Verwahrung auf Borg verkauft hier ließen, so' wollen wir solchen nach auch schuldig sein, hierüber fleißig Obsicht zu haben und nie einige ereignete Verrichtung derselben was Namen auch haben möchte und unsere Nachlässigkeit oder Unvorsichtigkeit in den allergeringsten darbei beschuldigt werden könnten. Und obwohl es vor diesen wahrgenommen worden, daß einige Tuchmacher anstatt der guten Tücher nur lauter sogenannte Plautzn, Kotzn und sozusagen die liederlichste Waren oftermal verfertigt, womit nicht allein die Kaufleut übel bewahret sondern auch dadurch ihr Gewerk ruinieret, wei'l aber nun mehro ihro hochgräfl. Gn. der gnädigste Graf und Herr zur ferneren Verhütung dergleichen liederlichen Waren, dero Reichenberger Tuchmachern unlängst eine neue Instruction einge-richt, und vorgeschrieben, vermittelst welcher ihnen die innerliche und äußerliche Güte, M a a ß und Gewicht wie auch die Länge, Breite und Schwere aller und jeder Reichenberger Tuchsorten eigentlich ausgesetzt und anbefohlen worden. Als wie der gehorsam zur Vorsicht, daß hochgedachte ihro hochgräfl. Gn. bei dieser Instruction hinfüro zu allen Zeithen beständige Obsicht auf scharfe Inspektion durch dero Herrn Beamte in Gnaden halten lassen werden; wie wir uns dann auch hiermit verbinden hierinfalls kei-* nen Tuchmacher nicht nachzustehen, sondern liederlich machende Tücher, wann selbe hereinkommen sollten, weg zu nehmen und wohlgedachten Herrn Hausmeister einzunehmen und ihm selbe Einhändigen. Da wir dann diesen nach allen einen unparteiischen Anspruch hierüber erwarten und solchen auch Befolg wollen, dies um alles treulich und aufrichtig zu halten, thun wir samt all unser Vermög, und zwar in specia mit unser eigentüml. Häuser, Handelswaren activ und Schuld zum Unterpfand und wahren Bürgerschaft einsetzen, auch nebst Verlust unserer Dienste, und aisbaldiger Erlegung Hundert Dukaten Strafe hochgedacht ihro hochgräfl. Gn. uns freiwillig unterworfen, vor wider uns keines Recht Indulten Appelatio-n weder generál noch speciál Privilegium und Freiheiten oder sonsten Jüdische Rechte schützen sollen können, der allen Juden wir uns hiermit freiwillig begeben und uns hierinfalls einzig und allein hochgedacht ihro Hochgräfl. Gn. Vermittlung und Gnade gehons. unterworfen, also auch dergestalt, daß hochbemelter Herr Graf oder dero Gewalthaber wieder uns nach gefällten Ausspruch in einige Übertretung fallen, die wirkliche Exekution vorzunehmen fug und Macht haben. Zu mehrere Urkund und Festhaltung haben wir und unsere Weiber diesen Revers und Obligation nebst unsere vorgedruekte Petschaft eigenhändig unterschrieben und bekräftigt auch zu mehrer ihro hochgräfl. Gn. Versicherung solche Be-kenntnus unser Weiber nebst den sogenannten Mantelgriff 10) wie nicht weniger unser Elteste Gechworen Schreiber unterschrieben und mit sigln lassen, ao geschehen Prag am 12. Mai 17 01. Hirschl Lieb, Jacob Jeckell mit ihren Weibern, Geschworenen und Ältesten. „3)e§ neuen ^lefá)ore§<50řa(f)ei-§ SBoIff Stájtenftattš 9íeoer§ unb ©ontract umö benen SíeiájenbKrger SucEjmaájern treu* íidjen §u binnen unb oorpftefjen," battrt $rag beti 11. ®e= bri anno 1719"). Die Hauptstellen, insbesondere jene, die von den Bestimmungen der früheren Peschores-Macher abweichen, lauten: „Demnach mit gnädiger einwillig — auch hoher gnedigen Verordnung, Ihro hoch. Reichsgräflich Eczellenz etc. Ich zu Endbenenter Präger Jude Wolff Lichtenstadt, nebst meinem Weib Cherle, von denen Reichenbergischen Tuchmachern zu Verkaufung derer nachher Prag einführenden Tuchwahren, vor einen Unterhändler oder Factor aufgenoh-men worden bien, als verspreche und gelobe hiemit von jeder rnängl. wo es von nöten und vernehmblich hochgedacht Ihro Ecz., wie auch dem gesambten Handwerg der Tuchmacher in R., mit meinen Wahren Worten trauen und glauben, Vermög und in Craft dieses Reverses und Caution, ja bei Verpfändung meines Hab — und Vermögens, dass ich besagten Reichenbergischen Tuchmachern und zwar sowohl dem Armen, als dem Reichen bei Hereinbringung Ihrer Tuchwaren getreulich, ehrlich und aufrichtig dienen und an die Hand gehen, die Reichenbergischen Tücher und Poy in einen höheren Preiss — und eine bessere Aufnahme, als es bisher geschah, zu bringen und diese sowohl dem Armen als dem Reichen zu Nutzen trachten will. Die bare Bezahlung ohne Abbruch, oder dazuschlagenden Laggi mit guter gangbahrer Müntze in den anfangs behandelten Wert und Preiss ohnverzueglich einzuhändigen und zu bezahlen, einfolgbar auch und niehmandem auf keinerlei Weise (es wäre denn, dass an denen Tüchern ein augenscheinl. Hauptmangel darzutun hervorkäme), zu gestatten, die Kaufleute, sodann selbte wiederumben zurückbringen. So soll auch bei Abmessung der Tücher eine Gleichheit getrof en und weder dem Reichen noch dem Armen das Ihrige entzogen, sollen die Tücher zu der Zeit dreissig Ehlen Prägermass halten, auch denen Tuchmachern freistehen, dasselbte etwa einige Falschheit verspühre-ten, die Tücher Selbsten an der Ehlen zuzumessen und mich bei (Titul.) Ihro Eczel. etc. oder dero löbl. Reichenbergischen Ambte zur Bestrafung und Abschaffung von derlei Unterhandlungsdienste klagbar anzugeben, wornach dann vermittelst dero ergehender Ausspruch und Erkenntnis ich sodann nebst den Meinigen bei nochmaliger Verpfändung meines Haab und Vermögens uns gehorsam ohne alle fernere Ap-pelierung zu richten und zu reguliren haben werden und sollen. Weilen auch die Tuchmacher Ihre Tücher dann und wann auf Baarbezahlung nicht anbringen können, sondern vielmal auf Wolle dieselbe verhandlen müssen, als verbünde mich auch hoermit aufrichtig und festiglich, dass ich denen selben treulich hierinfahls an die Hand gehen will. Mir aber und zwar insolange als ich in derlei Unterhandlungsdienste, bei denen Reichenbergern Tuchmachern (denen ich einzieg und alleine zu dienen und von denen Görlitzern abzutreten verspreche) stehen werde, soll weder vor mich noch mit einem andern in einige Tuchhandel, ausserdann es wäre eine Mundúr oder ausländiesche Lieferung, wozu ich die Reichenberger Tücher anzubringen suchen, das Verkauf im Marckt aber mich nicht gebrauchen werde, einzulassen kei-neweeges mir erlaubet sei und will über meinen Ansatz, nemblich von Stück Tuch Dreykreuzer poy Einkreužer 3 dg. nicht schreiten, sondern mich damit begnügen lassen, dieses nun alles getreulich aufrichtig und redlich zu halten, mithin zugleich bei einig erweislichen Mieshandlung oder Übertretung derlei obmentionirten Angelobung in Craft dieses mich selbst Verlust sodannen mir anvertrauten und verliehenen Unterhandlungsdienste, nebst allen Schäden und Unkosten hochgedachter Ihro Ecz. willig verobligiren und unterwerfen, zu mehrer Urkund und Bekräftigung dessen habe ich und mein Weib mit verzeichet des weiblichen Rechts, welches sie auch persönlich zu tun hiemit sich verbündet, wie auch haben die Deputirten von denen Reichenberger Tuchmacheren vermög Ihrer Vollmacht Selbsten mit bekräftiget." Darunter steht folgende Bestätigung: „Obernanter Contract wierd von mir als Vormünde-rin und Administratorin der Graf Gallassischen Vormundschaft hiemit in allen ratifiziret, solange sich der Lichtenstadt mit seinem Weib verhalten wierd, bei diesem Contract geschützet werden." So geschehen Prag den 11. Decembris 1719. Johanna Gräfin von Gallas, gebohrene Gräfin von Gaschin." Wie sehr die R. Tuchmacher auf die Prager Juden angewiesen waren, geht am besten aus ihrer Klage hervor, daß sie nach der Austreibung der Juden aus Prag im J. 1744 am Feilbieten ihrer Waren seitens der Alt-städter Tuchmacher-Eltesten, wie auch dlürch andere Amtsorgane behindert wurden. Welch gute Dienste hätten ihnen da die jüd. „Peschoresmacher" leisten können! Andererseits bedauerten wieder die Tuchmacher in naiver Aufrichtigkeit, daß sie aus der Abwesenheit der Juden keinen Nutzen ziehen können, da ihnen nur hin und wieder zur Marktzeit der Verkauf freisteht. Auch zweier Frauen, die im 17. Jht. in Prag Tuchhandel betrieben, wird Erwähnung getan. Die eine hieß Lichtenstädterin, sie wird wohl die bereits erwähnte Cherle, Gattin des neuen Peschores-machers, gewesen sein, und die andere Moser. In einem Berichte aus dem J. 1710 bestätigen und beurkunden die Bürgermeister und Rat: „Dass hierorts förderist undt mehrentheils deren Innwohner in Tuchmachern bestehe, welche ihre Waren nacher Prag Vor führen undt bey Abhandel undt Verkauf-fung derselben von dassigen Juden dann undt wann sich schlechten Profit nähmen18)." Da bekennen die R. Tuchmacher selbst, daß sie aus dem Handel mit Prager Juden, wenn auch angeblich geringen, aber immerhin einen Nutzen zogen. Diese wechselseitigen Beziehungen dauerten fort. Auch die 17 Großhändler, die, wie bereits erwähnt, als Rekur-renten auftraten,' förderten mächtig den Absatz des R. Tuches. Es waren dies Kopelmann Porges, Gebrüder Epstein, Beer Porges, Benedict Jeiteles, I. P. Kubinski, Salomon Löwy Kuh, J. Sobotka & Sóhn, Michl H. Wiener, Moyses Bondy, S. B. Hirsch, Luis Kallmus, Wolf J. Kallmuss, Simon Brandeis, Salomon Brandeis, Seligmann M. Karpeles, Benedict Lucka & Reichtmbera 17 i .! i i