Grunde ab, weil das Haus sich in der Nähe des Kingplatzes befand, und „dieses wäre gerade entgegengesetzt dem früher Angeordneten, wo solche Küchen, meistens am Ende der Stadt sein durf-t e n". Dies trifft auch auf die zweite Garküche zu, die im Gasthofe des Josef Berger, heute Gasthaus „Zur Stadt Olmütz", Birgsteingasse N.. C. 254/IV, untergebracht war. Im J. 1812 führt Josua Österreicher, jüd. Steuerpächter und Schächter, Klage gegen den jüd. Trakteur des Josef Berger, namens Si-moles Oser. Es wurde ihm untersagt, einen anderen jüd. Schächter aufzunehmen, da nur Österreicher allein die Lizenz besaß, in R. und mehreren anderen Ortschaften die Schlachtungen vorzunehmen. Als einige Juden in den dreißiger Jahren um die Konzession für einen Glaubensgenossen aus Jungbunzlau einkamen, begründeten sie die Notwendigkeit einer neuen jüd. Gaststätte damit, daß bei Berger täglich 70—80 Personen speisen. Merkwürdigerweise motiviert die Polizei die Ablehnung auch damit, daß „die Proponenten schon lange und gleich bei ihrer Ankunft in R. in christl. Gast, häuser zu Tische gegangen sind\ Garkoch bei Berger war auch "Wolf Prinz aus Turnau. Im J. 1826 wurde die Garküche gleichfalls in „Stadt Olmütz" Josef Cantor, Schutzjuide in Münchengrätz, übertragen, der dafür jährlich 100 fl. als Beitrag für die Stadtbeleucintung entrichten mußte. Im J. 1845 wurde sein Schwiegersohn, der Neukoliner Schutzjude und nachmaliger 1. K. V., in R., Jacob Spitz mit der Besorgung der jüd. Küche betraut, der dafür jährlich 120 fl. C. M. in die städt. Renten abzuführen hatte. Der untere Teil der Birgsteingasse vor dem Hause N. C. 254-IV, das die Garküche beherbergte, heißt im Volksmunde heute noch der „Judenberg"' und die neben dem Gasthause „Zur Stadt Olmütz" in die Steingasse führende Stiege die „Judenstiege". Wir hörten, daß schon im Trenklerschen Hause „das Tabernakel aufgeschlagen" war. In der Garküche versammelte man sich zumindest allsabbatlich zum Gottesdienste. Dort wurden Aufgebote vorgenommen und Trauungen vollzogen. Aus der ganzen Umgebung kamen Leute, um Hochzeit zu feiern. Daß in der Garküche regelmäßige gottesdienstliche Versammlungen stattfanden, geht daraus hervor, daß Karpeles aus Prag im J. 1851 einen Thoramantel und die Brüder Koppelmann aus Prag im J. 1859 ein eingerahmtes Tetragramma-ton spendeten, das heute noch im Wintertempel angebracht ist. Letzteres wurde der „Synagoge in der Stadt /?." gewidmet. Ein Bethaus war es keinesfalls, aber auch eine Betstube heißt im Hebräischen Beth Hakneseth. Auch auf dem Titelblatte des I. Konferena-buches der isr. Kultusgemeinde wird die Abhaltung von Gottesdiensten in der Garküche bezeugt. Frühestens wird man wohl erst Anfang der 50er Jahre des vorigen Jhts. in der Garküche eine wirkliche Betstube eingerichtet haben. Denn vorher erfolgten Na-mensbeilegungen in der Synagoge zu Turnau. Die Garküche diente naturgemäß auch der Geselligkeit. Ein christl. Arzt äußerte sich im J. 1824 gelegentlich, er habe nachts 40 Leute in der Garküche, die sich dort unterhielten, angetroffen. Juden in der Wirtschaftsgeschichte Rcichenbergs. Den Juden ist im Wirtschaftsleben R. eine überaus bedeutsame Rolle zugefallen. Sie waren sowohl Lieferanten, wie auch Abnehmer. Sie lieferten den unentbehrlichen Rohstoff-, die Wolle und als Leinwand- und Tuchhändler kauften und verbreiteten sie die heimischen Erzeugnisse. Zwischen Handwerk, Industrie und Handel waren stets gegenseitige Wechselwirkungen vorhanden. Mit Recht heißt es in einem Berichte des Magistrates an die Grundherrschäft vom j. 1799: „Die schon allzuweit gekommenen Verhältnisse und Verbindlichkeiten, die das wechselseitige Interesse zwischen anher Handel und Juden und zwischen hiesigen Tuchmachern und Strumpfwirkern sind eng verkettet10).1'' Die Handelsbeziehungen auswärtiger Juden zu R. datieren nachweisbar schon vom Anfang des 17. Jhts. 1607 standen Juden in Böhm. Aicha in Verbindung mit Adam Demut, der hier einen schwungvollen Fernhandel betrieb, ferner mit Martin Jentsch, Simon Fiebiger, Adam Hübner, Caspar Neumann, Christoff Bucheid, Georg Herrmann in Harzdorf, Jacob Pöck-seher und anderen Bürgern. Die Aichaer Juden lieferten ihnen Honig, Korn und Leder. Für ihr Guthaben stellten die Schuldner Bürgen und mitunter «etzten sie auch „Haus und Hof zum Unterpfand" ein. Im J. 1634 mußte die Stadt R. zur Bezahlung der Viscon-tischen Einquartierung u. a. auch beim Juden Hille eine Anleihe von 90 R. Th. machen. Im J. 1648 wird von einem R. Boten ein Schreiben vom. Schloß Friedland an die Judenältesten im Jungen Bunzel befördert. Auch dies ist wohl ein Beweis für bestandene Handelsbeziehungen. Ende September 1649 wurde ein Bote mit einem Schreiben von Stadt und Land wegen Lieferung von Hafer, Heu und Stroh nach Bunzlau zu dem Juden Jsaak nach Münchengrätz geschickt. Da er diesem bei Aicha begegnete, kam er wieder zurück, aber alsbald wird er wieder nach Münchengrätz geschickt, damit Jsaaks Weib Hafer, Heu und Stroh „hienen" liefern soll. Im J. 1666 bitten Bürgermeister und Rat von Jičin den Rat von R., den dortigen Juden Salomon und Moyses zu ihren Forderungen an einen Tuchmacher zu verhelfen. Beide haben zwei Stück Tuch und Moyses insbesondere noch 10 R. Th. zu bekommen. In der Bittschrift an den Rat von Jičin heißt es, sie „hätten dien Schuldner vielmals ermahnt, daß er uns solches Tuch und Geld einhändige, aber bis dato keinen wirklichen Erfolg bei ihme erhalten, uns armen verschuldeten J u d e n mit Hilfe beizuspringen". Von diesen zwei Fällen abgesehen, hatten R. Bürger nur Warenschulden den Juden.zu begleichen. Juden als Leinwand- und TuchhiVndler. In R. lag der Schwerpunkt des gewerblichen Lebens nicht in der Leinenweberei. Aus diesem Grunde und weil die großen Nürnberger Verlagshäuser geradezu eine Monopolisierung des Leinwandeinkaufes erreichten, in Nürnberg aber seit 1499 bis 1850 keine Juden wohnen durften11), haben sich nur wenige Juden als Leinwandhändler betätigt. Diese wohnten hauptsächlich in Jung-Bunzlau. Zwei dortige Juden, Jsaak Elbo-gen und Herachl Launer, die sich übrigens auch mit Wollverkauf befaßten, erhohen im Namen der ganzen Gemeinde der Jungbunzlauer Judenschaft im J. 1717 eine Beschwerde beim Gubernium in Prag wegen fehlenden Maßes im Leinwandhandel zu R., wodurch die jüd. Kunden bei ihrem ausgedehnten Handel großen Schaden erlitten. Sämtliche Leinwandhändler der Stadt wurden aufs Rathaus berufen. Sie waren darob verwundert, wie „die jüdischen Querulanten ein höchlöbl. Gouverno beschwersanib anlaufen mögen". Sie meinten, die Anklage wäre bloß fingiert und beschwerten sich nun ihrerseits, daß ihre jüd. Kunden noch in ihrer Schuld stehen. Es waren freilich nur verhältnismäßig kleine Beträge, mit denen nach ihrer Angabe aus den Jahren 1701 bis 1712 ihnen nachstehende Leinwandhändler in Jungb. restierten: Lasch, Jakob Israel Süsskind, Kaufmann Gloger, Hirschel Wolf, Salman Nordan, Moses Salomon, Nathan Prager und Abraham Schlum. Es erfolgten Gegenschriften auch seitens des Stadtrates in R. Wie diese Händel ausgingen, ist nicht bekannt. Neunzehn Jahre später erfloß vom Kreisamt ein scharfer Erlaß an das gräfl. Wirtschaftsamt in R., wonach „glaubwürdige Nachricht eingelaufen seien", daß es mit dem Maß nicht ganz seine Richtigkeit habe. Die auf der hiesigen Herrschaft befindlichen Leinenweber sollten nunmehr ihre Waren „wie immer sie benannt werden, mit vollständigem Ellenmaß ver sehen und an beiden Enden mit Blombe oder Signierzeichen kennbar machen". Die Ausreden der Fabrikanten darf das Wirtschaftsamt nicht gelten lassen und muß darauf achten, daß „Sack Schock sowohl deren Sack als Papirr Leinwand.ter wie Rockstücken und andere derley bearbeitenden Waren zum Ellen-mass komplett sein sollen". Schon 1781 wurde die Leinweberei als freies Gewerbe erklärt. Aber während in R. bei der Bevölkerung sowohl wie in den verschiedenen Ämtern noch der alte engherzige Geist herrschte, brach sich bei den höheren Behörden eine bessere Erkenntnis Bahn. So hat das Kreisamt auf Grund einer Weisung des Guberniums eine Beschwerde der Prager Großhändler Salomon Přzibram und Moses Jerusalem wegen eingestellten Leinwand- und Kotoneinkaufs Platz gegeben und dem Magistrate aufgetragen: „Alle Beschränkungen des Leinwandhandels, alle Vorzugsanmaßungen und Ausschließungen der Leinwandoder Garne, vorzüglich aber die Fesseln, unter denen die Weber und Spinner hier und da schmachten, sorgfältig und ivirksam hintanzuhalten." Unvergleichlich höhere Bedeutung hatte für R. das Tuchmachergewerbe. Bei der ungeheuren Menge der erzeugten Waren war Absatz eine Lebensnotwendigkeit für die Tuchmacher. Nach fachmännischem Urteil ist selbst die Tuchfabrikation an Quantität hinter der Tuchmache-rei zurückgeblieben. Nach Zeugnis des Magistrats aus dem J. 1697 hatten Juden niemals da* den Gewandmeistern zustehende Recht, um das übrigens auch die Tuchmacher selber aller Orten einen erbitterten Kampf führen mußten, einen Tuchausschnitt zu treiben. Sie durften also das Tuch nicht ellenweise, sondern nur ganze Stücke verkaufen. Man ließ sie 'laut derselben Attestation nicht auf die Jahrmärkte ziehen, um dort das Tuch ellenweise zu verkaufen, damit nicht „den Gewandmeisterii Abbruch geschehe". Ein Großabnehmer der Tuchmacher waren die beiden Bas-s e w i. Laut Hauptbuch der Jičiner Kammer erging ein Befehl an den Hauptmann zu R., die Tuchmacher anzuhalten, den Basaewis sofort 100 Stück graue Tücher zu liefern. Sie mußten dieser Bestellung, die wahrscheinlich zur Anfertigung von Uniformen gemacht wurde, schleunigst den Vorzug einräumen und alle anderen Arbeiten liegen lassen. Um die Mitte des 17. Jhts. betrieben auch die Brüder Marx aus Jungbunzlau einen lebhaften Tuchhandel. Doch galt für denselben Prag als ein Hauptplatz. Erst in häufigeren, wenn auch unregelmäßigen Abständen, dann aber suchten alle 14 Tage die R. Tuchmacher mit ihren Waren Prag auf. Oft wurden Tuche unter falscher Bezeichnung, inländisches wie ausländisches und auch umgekehrt verkauft. In R. sehen wir die gleiche Erscheinung. „Unfertige Tuche gingen in das benachbarte weiter entwickelte Zittau und Görlitz, die als Tuchmacherstädte guten Ruf hatten, wurden dort fertiggestellt, wobei sogar die Walkerde aus R. bezogen wurde und wurden dann nach Böhmen und sogar nach R. selbst als holländisches11 oder .englisches'' Erzeugnis verkauft. Es handelte sich am Beginn des 18. Jhts. um mehrere 100 Stück jährlich, das waren etwa 10% der Gesamterzeugung1')." Daß dies den berufenen Instanzen nicht recht war und von ihnen bekämpft wurde, ist ja selbstverständlich. Namentlich erregte die „Warme Presse" in Jungbunzlau mit Fug den Zorn der Reichenberger. Der dortige Schloßhauptmann Joh. Friedrich Geutter bittet eindringlich das gräfl. Oberamt um Einschreiten. „Höchst bittende, womöglichen, bey Ihrer Exz. Gn. Gn. denen Königl. H. Herren Statthalter etc. einen scharpffen Bereich an Ihre Gn. die Königl. H. Herren Haubt-leuthe gesz Jung Bunczlauer Craiszes auswürkhen zulaszen, wormit die hiesigen Handtwerckh der Tuchmacher zu höchsten Ruin undt Niederschlagung dero Tücher, gereichende schädliche warme Presz, zu Jun-genbunczlaw genczlichen abgeschafftet wurde, dann mit solcher eine merckhliche grosze Fa'lsitet in den Tüchern verübt wirdt13)." Trotz alledem wurden Juden nur ein einziges mal verdächtigt. Bei den Brüdern Salomon und Mayer Marx zu Jungbunzlau fand man Anfang Feber 1655 ein geringes Quantum, zwei Reichenberger Zweisiegeltuche. Man beschuldigte sie, sie hätten die Absicht gehabt, sie für ein Dreisiegelig-Tuch zu verkaufen. Die Brüder, die in R. arretiert wurden, beteuerten ihre Unschuld. Die „geschworenen Elti-sten des Handtwerckhs der Tuchmacher" in R. beschworen den Schloßhauptmann, strengstens einzuschreiten. Noch am gleichen Tage berichtete er der Herrschaft. Zwei Tage später wurde sie von der Zunft in einer direkten Eingabe bestürmt. Infolge der Denunziation eines Juden wurde in sämtlichen jüd. Tuch-handlungen von Prag eine Razzia veranstaltet. Vom Stadtrichter in Prag (dortiger Stadthauptmann war damals Graf Waiczenhoffen, einer der beiden Vormünder der minderjährigen G'allasischen Grafen) wurde i m Beisein zweier Reichenberger Meister der gesamte Vorrat in den nachstehenden 7 Prager Tuchläden, Salomon Por-gess, Abraham Neustadtl, Moyses Koyness (Primator der Judengemeinde), Bernhard Fanta, Lewin, Löbl Lassawitz und Lazar Bendiener visitiert. Etwa 50 Stück Tuche wurden als „verdächtig" verpetschiert. Sie wurden in einem umfangreichen Protokoll beschrieben. Die Sache zog sich über 9 Monate hin. Im Juni 1655 wurden schon die jüd. Tuchhändler ungeduldig und baten, ihre ihnen abgenommenen Tuche durch Kommissare zu untersuchen und sie ihnen nach dem Befund zurückzustellen. Im Oktober wurden sie schon naturgemäß sehr ungeduldig. Sie bitten gegen Kaution ihre Tuche avisfolgen zu lassen, berufen sich darauf, daß sie sonst ihre Kontributionen nicht zahlen könnten und samt Weib und Kind ins Elend gestürzt würden. „Die Tücher verderben zweifelsohne, unsere Handlung wird damit gestört und wir kommen um unseren Kredit. Dies alles bitten wir in gnädigster Beherzigung zu nehmen,, bis zur Austragung der Sache, wobei wir hoffen, keine Falschheit oder Betrug würde bei uns zu finden sein." Wie die Sache ausfiel, geht aus den Akten (Arch. d. Min. d. Inn. in Prag) nicht hervor. Wahrscheinlich waren sie ein unschuldiges Opfer der Denunziation, dienn um ihre Schuld festzustellen, hätte man nicht soviel Zeit gebraucht. Der Handelsverkehr zwischen den Prager Juden und den R. Tuchmachern war schon Ende des 17. Jhts. ein sehr reger. Hievon legt eine Eintragung in das hiesige Ratsprotokoll vom J. 1705 Zeugnis ab. Den Rat beschäftigt in seiner Sitzung am 13. Feber nur ein einziger Gegenstand. Der Bericht darüber lautet: „Es ivill Verlauthen undt würklich ansz taglicht gebracht werden, dass zur