muel Joachim Peck aus Prag Schulmeister zu N. Er wohnte im Hause des Salomon Simon Nr. X. Im J. 1734 wird Mojses Helischau, als Schulmeister 1774 Herschi Löwy Lipmann (1775: Leibmann) als Schulsinger genannt. Der gegenwärtige Rb. ist Herr Emil Klaub er (seit 1921). Seine Vorgänger waren: Rb. Nagel, 1865—1873, Rb. Stern, 1873—1876, Rb. Max Reiser 1876—1913, Rb. Arpad Hirschberger, 1913—1915, Rb. Schapira, 1915—1917, Rb. A. Beck, 1918—1920. Der Neuerner Judenfriedhof. ist so alt, wie die J. G., die in ihren Anfängen mindestens ins 15. Jht. zurückreicht. Er liegt etwa 1 km südlich vom heutigen Bahnhofe, recht malerisch auf einem Felsenhügel, der früher „die Lohe" hieß. Wir finden hier noch viele alte Grabsteine, aus dem heimischen rauhen und leicht verwitternden Glimmerschiefer gehauen, deren Schrift sich gar nieht mehr entziffern läßt. Um 1800 kamen Steine aus Kehlheimer Marmor in die Mode, die auch den Stil ihrer Zeit tragen, eine Art Empire. Und in den Grabsteinen von heute, hohen Prismen aus poliertem schwedischen Syenit mit vergoldeten Inschriften, spiegelt sich der Kunstgeschmack unserer Zeit. Im J. 1750 war der Judenfriedhof bereits überfüllt und viel zu eng; da sorgte die Gemeinde für dessen Vergrößerung und kaufte von den Bürgern Friedrich Böhm und Johann Weyß in Unterneuern ein anstoßendes Stück Grund von zehn Klaftern Länge und zwölf Klaftern Breite, „so buhrer Steinfels und sonst zu nichts zu genießen", zur „Begräbtniß oder Freydhoff, weillen solche sehr enge und keinen Platz mehr zu Begrabung der Todten, und ehedessen denselben schon ein Stuckh gegen 1 fl. jährlichen Zinß überlassen," für den Preis von 30 fl. In dem Vertrage wurde betont, daß durch diesen Verkauf der gesamten Bürgerschaft die „Hutweid geschmälert" worden sei; deshalb mußten sich die beiden Verkäufer verpflichten, für ewige Zeiten die Steuern vom abverkauften Grundstücke und zwar je zur Hälfte zu tragen. Dagegen mußte jedoch die J. G. den Verkäufern sowohl von diesem verkauften Grundstücke als auch vom alten Friedhofe das Gras „ohne Anstand und unentgeltlich einräumen". Der bezügliche Vertrag wurde ins Neuerner Stadtbuoh eingetragen, das heute den ersten Band der Gemeindechronik bildet. Den Kaufvertrag unterschrieb „Mayr Abraham Janowitz, Judenrichter onstot der Juden Gemein Neiern".ls) Im J. 1924 wurde der Friedhof gegen Osten zu erweitert und mit einem Einfahrtstore versehen. Eine merkwürdige Einrichtung aus früherer Zeit, die einst bei keiner jüdischen Ansiedlung fehlte, hat sich als Andenken in N. erhalten; es ist der „Tolum", eine Stange, die früher am Sahbat über die Straße geschoben wurde, um den Juden die Grenze für ihre Sabbatspaziergänge zu bezeichnen; sie sollten diese nicht so weit ausdehnen, um den heiligen Tag nicht zu entweihen. Die Stange ist noch heute am Jetterschen Hause Nr 171 unter dem Dachüberschuß zu sehen. Sie trägt am Kopfende einen eisernen Ring-, der als Handhabe gedient haben mochte. Wirtschaftsleben. Ihre größte Bedeutung erlangte die Neuerner J. G. durch ihre wirtschaftliche Tätigkeit. Diese war eine sehr vielseitige. Von altersher war ja bei uns der Handel der Juden ausschließliche Beschäftigung. Sie führten als Kaufleute „allerlei Cramerey" und „kurze Ware", Webstoffe und vertrieben sie in ihren Kramläden, auf Jahrmärkten, und Kirchtagen, und mit schweren Pinkeln beladen, als Hausierer von Haus zu Haus und von Dorf zu Dorf. Mit welchen Schwierigkeiten sie dabei zu kämpfen hatten, mögen folgende Fälle beleuchten. Am 16. Mai 1748, dem Festtage Johannis. von Nepomuk, war ein solcher Hausierer mit seiner Ware nach Eisenstein gekommen, in der Erwartung, hier, wo viele Leute aus Bayern und Böhmen zusammenströmten und wo es auch gutverdienend« Glasmacher gab, gute Geschäfte zu machen. Statt dessen wurde er vom herrschaftlichen Büttel verhaftet und ^eingesperrt. Es wurde wohl tags darauf aus der Haftětrt-lassen; vorher wurde aber dem armen Abraham Löbl, der sich „am hoch heiligen Feiertage erfrechet, nach Eisenstein zu kommen und allerhand Tuch auszufeilen, in willens, ein und anderes zu verkaufen und zu handeln", „uneracht seiner vorgeschützten Unwissenheit" neben einem ernsten Verweis eine Geldstrafe von%5 Pfund Pfennigen (5 fl. 42 kr. 2 pf.) auferlegt; samt den verschiedenen Gerichtskosten, unter denen sich auch 34 kr. „Aus- und Einschließgeld" befanden, hatte der Handelsmann, der von der Eisensteiner Sonntagsruhe keine Ahnung hatte, 8 fl. 5 kr. 2 pf. bezahlen20). Ein zweiter Fall hatte ein weit schlimmeres Gesicht; von ihm erzählen uns die Akten: Am 30. Jänner 1770 wurde der „allhiesig obrigkeitliche Schutzjud aus dem Stadtl N., Joel Abraham, auf dem Wege von Sternhof nach Heuhof um 4 Uhr nachmittags in einem Gebüsch von einem bayerischen In-mann namens Veit Rosch überfallen und seiner Ware beraubt. Der Mann, der XA Metzen Korn trug, holte den Handelsmann auf dem Wege ein, ging ungefähr 20 Schritt mit ihm, legte dann den Sack mit dem Korn ab und packte den Juden beim Hals, warf ihn zu Boden, kniete sich mit einem Fuß auf ihn und schrie ihn, ein Messer in der Hand haltend, an: „Jetzt gibst du mir deine Ware oder du bist auf der Stell hin!" Der arme Joel sagte: „Alles will ich dir geben, nur mich selber laß in Ruh, mein Leben wird dir nichts helfen!" Nach vielen Bitten erst steckte der Kerl das Messer ein, nahm das Bündel mit der Ware und ging damit fort. Der Beraubte erhob sich vom Boden und lief davon; er blieb aber in einem Gebüsch, stehen und gab acht, wohin der Mensch gehe. Als dieser aber umsah, erblickte er sein Opfer. Da warf er sein Bündel ab und jagte dem Juden wieder nach, das Messer in der einen und den Stecken in der anderen Hand; so verfolgte er ihn bis gegen Rothenbaum, wo er-dann von ihm ablassen mußte. Tags drauf wurde im Schlosse zu Bistrilz auch ein Verzeichnis der geraubten Waren aufgenommen: 1 Stück braunes Tuch, 15 Ellen zu 45 kr., 1 Stück ebensolches, 18 Ellen zu 51 kr., 1 Stück blaues Tuch, 18 Ellen zu 40 kr., 1 Stück weißliches Tuch, 10 Ellen zu 36 kr., 4 Paar rote Weiberstrümpfe zu 45 kr., 2 Paar ebensolche von schlechterer Färb zu 36 kr. und 20 Ellen blau gestreifte Leinwand zu 18 kr., zusammen eine Wertschaft von 48 fl. 5 kr. Der Räuber, dessen Namen und Wohnort sogleich festgestellt werden konnte, entging sicher seiner Strafe nicht. Über diese ist aus den Akten nichts mehr zu erfahren gewesen 21). Man möchte glauben, daß in N., das an einer alten Salzstraße von Böhmen nach Bayern liegt, der Salzhandel eine große Bedeutung für den Handel der Juden gehabt haben müßte. Dem war aber nicht so, weil die Juden vom Salzhandel streng ausgeschlossen waren. Der Salzhandel war in N. ein Vorrecht der Gemeinde. Sie bezog das Salz für den örtlichen Be- darf aus den kaiserl. „Salzstadeln" zu Taus oder K latta u. Weil die Gemeinde dann aber das Salz auch an Auswärtige verkaufte, wurde ihr im J. 1782 der Salzverschleiß entzogen. Aber noch im J. 1840 wurde das Verbot des jüdischen Salzverschleißes erneuert. Auch mit Pulver und Salniter (Salpeter) durften die Juden nicht handeln. Dagegen wuchs sich der Handel mit Landesprodukten aller Art zu einem bald ausschließlichen Hauptgebiet des Handels der Juden aus, so der mit Bettfedern, Schafwolle, rohen Häuten, Hasenfellen, Flachs, Garn, Leinwand, Rindvieh, Pferden und später auch mit Getreide. Blit dem Viehhandel war auch der Betrieb des Fleischergewerbes verwandt, dem 1713 vier jüdische „Fleischhacker" oblagen. Neben den Wirtschaftsüberschüssen der bäuerlichen Bevölkerung waren die Herrschaftsämter der Gegend, vor allem Bistritz, zu dem s. d. J. 1757 auch das Gebiet der Herrschaft Deschenitz gehörte, die bedeutendsten Quellen für den Einkauf der Landesprodukte. Eine Aufschreibung vom 30. Dezember 1728 überliefert uns, was innerhalb kurzer Zeit vom Wirtschaftsamte in Bistritz an den Kaufmann Jakob Aaron in Neust a-dl tl bei Hayd verkauft worden war. Den Neuerner Geschäftsleuten hatte es damals offenbar an den Mitteln gefehlt, um mit ihrem reichen Neustadtler Glaubensgenossen in Wettbewerb treten zu können. Der „Jud NeustadtV kam umso leichter zu diesem Riesengeschäfte, als er ein Wechselgläubiger des damaligen Gutsherrn von Bistritz, Karl Richard von Schmidlin war. Dieser Herr Schmidlin schuldete damals an nicht weniger als 165 Gläubiger die ungeheure Summe von zusammen drei Millionen Gulden und bei seiner Krida gingen rund vier Fünftel seiner Gläubiger leer aus. Es war dies eine Katastrophe, die damals Böhmens Kreditwesen aufs tiefste erschütterte. Der schlaue Jakob Aaron hatte es verstanden, sich rechtzeitig Deckung zu verschaffen, wurde aber dann wegen Wuchers eingesperrt. Seine Obrigkeit nahm sich wacker um ihn an; Fürst Löwenstein setzte sogar sein eigenes Gut für ihn zum Pfände ein. In einer Eingabe an den Kaiser schrieb Neustadtl, er habe „im Pilsner Kreis und in anderen Kreisen in diesem Königreich die herrschaftl. Wirtschaftsgefälle, Wolle, Butter, Schmalz, Leinwand, Federn, Vieh und dergleichen versilbert" und aus dem Auslande Millionen an Geld ins Land gebracht. Er sei ein in unterschiedlichen Ländern seinen Geschäften nachreisender Mann gewesen, der durch ganze dreißig Jahre „nicht acht Tage zuhaus moriret" habe. Seit er im Unglück ist, seien ihm Vater, Mutter und Eidam gestorben. Die große Zahl der ärmeren Juden kaufte die Ware auf den Dörfern des großen Umkreises zusammen und lieferte sie an die größeren Händler ab. Ein solcher war nach 1800 Salomon B 1 o c h in Unterneuern, der Häute, rohes Leder, Rauchwaren, Flachs und Hanf und andere Waren —-■ besonders stark nach Bayern handelte. Er war "der größte Händler der ganzen Gegend bis Pilsen hin und fuhr jeden Monat einmal nach Prag; noch um 1880 und 1890 wurde in N. von im erzählt. Den wichtigsten Handelszweig der Neuerner Judenschaft bildete der Handel mit Bettfedern und S c h a f w o 11 e. Der Neuerner Federnhamlel. Das kleine, unbedeutende Städtchen N. hatte im Federnhandiel bald den königl. Städten in Westböh-men (Pilsen, Taus, Klattau) den Rang abgelaufen. Wie war dies möglich? Wir haben gesehen, daß die eigentlichen Urheber und Träger dieses Handelszweiges die Juden der Gegend waren. Nun hatten aber die königl. Städte eine alte Freiheit, kraft deren sie keine Juden innerhalb ihrer Mauern zu dulden brauchten. Und sie machten von diesem Vorrechte auch Gebrauch. Kaum daß sie zu Marktzeiten die handelsbeflissenen Juden innerhalb ihrer Mauern übernachten ließen! Da diese sonach in den Städten nicht Fuß fassen konnten, verlegten sie ihre Wirksamkeit auf die Güter des Adels im Umkreise und im Hinterlande dieser Städte. In N. hatte dann die Lage an der Grenze und an einem wichtigen Handelswege, die leichte Zufahrtsmöglichkeit, die Förderung der Gutsherren, die dabei auch nicht zu kurz kamen, das Vorhandensein einer dichten, zur Federnarbeit wie für den Hausierverschleiß verwendbaren christl. Bevölkerung-. Da der Handel mit Gänsen und Federn schon von seinen ersten Anfängen „ins Reich", also gegen Westen ging, so ist es leicht erklärlich, daß sich diese Waren auch im Westen Böhmens aufhäuften. Hier an dem nicht bloß für den Krieg wichtigen Landestore von Neumark-Taus sammelten sich seit jeher die Gänseherden und Federnballen, die Überfluß des Landes, um von hier aus ihren Weg nach Deutschland! zu nehmen. Hier, auch der Nachfrage am leichtesten erreichbar, ward die Gegend von Taus über Neumark und N. bis Drosau der Hauptplatz für den böhmischen und später den europäischen Bettfedernhandel; N. aber war der Hauptort dieses Geschäftes. In einer älteren Auflage von Mayers Lexikon wird N. geradezu als der Mittelpunkt des europäischen Federnhandels bezeichnet. Für das Alter und die Bedeutung dieses Handels für Westböhmen überhaupt spricht der Umstand, daß schon im vierzehnten Jht. ■— unter Kaiser Karl IV. — der Stadt Taus neben einem vierzehntägigen Markte das Privilegium der Federnausfuhr erteilt worden war22). Heute noch sind die Pilsener Märkte für den Federnhandel von Bedeutung. Nach den alten Pilsener Marktordnungen hatten die auf diesen berühmten Märkten immer stark vertretenen Bettfedern und Gänse ihre eigenen, durch die Gewohnheit fest bestimmten Standorte. Für die Leute, die ihn mit Sachkenntnis und Umsicht betrieben, war der Federnhandel ertragreich; die meisten Händler wurden zur Blütezeit dieses Geschäftes wohlhabend. Es gab mehrere Abstufungen der Arbeit im Federngeschäfte; da waren vor allem die Aufkäufer, die die rohe Ware von den Bauern zusammenhausierten, dann die Großhändler, die die Ware aus den Erzeugungsgebieten bezogen und in ihren Betrieben entkeimen, reinigen, schleißen und sortieren ließen; die Kleinhändler, denen die Ausfuhr, die Aufsuchung der abnehmenden Kundschaft im Auslande oblag und drittens die Hausierer, die die Ware in kleinen Mengen den Kunden in die Häuser trugen. Aufkäufer und Großhändler waren fast immer Juden, die die Ware absetzenden Kleinhändler und Hausierer waren Christen. In N. hatte die J. G. einen besonderen „Feder-handelzins(i von 15 fl. zu entrichten. Hier betrieb um die Mitte des 18. Jhts. das größte Federngeschäft Meier Abrahám Janowitz, der, z. B. im J. 1764 bei dem Kleinhändler Johann Huter die schöne Summe von 1530 fl. und bei dessen Bruder Veit Hue-der i. J. 1768 eine Wechselforderung von 1415 fl. gut hatte. 1742 hatte der aus Janowitz zugezogene Handelsmann Abraham Löbl ein Haus im sog. Judenwinkel, das im J. 1771 die Nummer VII erhielt, erkauft. Er übergab es 1756 an seinen Sohn Samuel Abraham Janowitzer, während der andere Sohn,