Geschichte der Juden in Náchod. lNáchod, welches im Jahre 1270 vom Herrschaftsbesitzer Hron Berka von Dube und Lípa gegründet wurde, scheint sehr bald nach seiner Gründung Juden aufgenommen zu haben. Als Grenzstadt von Böhmen und Schlesien vermittelte sie den Handel zwischen diesen beiden Ländern und Polen Noch vor der Entstehung N. sollen Juden in dem zunächst gelegenen, durch große Märkte sich auszeichnenden I rovodov sich niedergelassen zu haben. Als der zuerst in N. wohnende Jude wird Šťastný Muněk genannt (1435). Bald darauf wird in hiesigen Urkunden auch anderer Juden, wie Jakob Lýkař (Arzt), Lazar Mayer u. a. erwähnt; sie waren teils Handwerker, teils Handelsleute. Im 15. Jht. erscheinen die Juden bereits als Besitzer von Realitäten von N. und besaßen gleiche Rechte wie die anderen Bürger (sousedé). Nicht so milde gegen die Juden wie Johann Kolda, der doch als Raubritter verrufen war, war der nächste Besitzer von Náchod, Georg von Poděbrad, der die Juden bedrückte. Unter König Vladislav dem Jagelionen und Ferdinand I. ereilte die Juden infolge der gegen sie erhobenen (wenn auch unbegründeten) Anklagen ein nc'£Í?eST<(feScllÍckt Sie mußten «tes Land verlassen (1542). Eilig verkauften sie ihre Häuser und zogen uber Schlesien nach Polen. Trotz der 200 Mann Begleitung, die ihnen der Abt Matthias von Braunau auf Befehl des Königs mitgab, wurden sie in Gersdorf von Raubern überfallen, um ihr Hab und Gut beraubt und konnten nur ihr nacktes Leben retten. Ihre feigen Begleiter ergriffen die Flucht oder' beraubten sie "ar selbst noch. Hochgestellte Beamte und Hofleute in 1 rag, wie Florian Grispek, bewirkten, daß sie etwa nach 2 Jahren wieder nach N. zurückkehren durften, wo sie abermals freundliche Aufnahme fanden. Sie waren reich und erwarben Vermögen, wurden begütert und borgten, wie der Jude Salomon, der Gutsbesitzerin von Náchod, der Frau Hynek Spetle von Janowitz, bedeutende Summen. Im J. 1577 wird eine jüd. Schule unter der Leitung von Salomon Hořovský erwähnt, 1554 borgte der Jude Kantor dem Bürgermeister und den Räten 20 böhm. Schock für den ťiarrer Johann Andělíček ohne allen Zinsen, obzwar König Vladislav ihnen erlaubte, 20% Zinsen zu nehmen, damit sie ihren Verpflichtungen gegen Herrschalt und König nachkommen können. Man verleitete sie also, ja man nötigte sie sogar zum Wucher, um die zahlreichen Steuern und Schutzgelder abtragen zu können. Christen durften nur 10 % Zinsen nehmen. Für ihren Schutz hatten die Juden an die herr-schafthehe Küche in N. Gewürze, Salz usw. zu liefern oder 100 fl. rheinisch abzuführen. Am Ende des 15. Jhts. wurde ihnen die Judengasse zum Aufenthalte in N. angewiesen, wohin sich nun das gesellschaftliche und religiöse Leben der Juden konzentrierte. Behufs ihrer geistigen und religiösen Ausbildung gründeten sie eine Schule. Ihre erste Synagoge war aus Holz erbaut. 1596 wurde ein neuer Tempel aus Stein erbaut. Bürgermeister und Räte nahmen freudigen Anteil an dem Rane. Die Juden mußten von nun an 20 böhm. Schock für den Schutz, den man ihnen gewährte, an den damaligen Bürgermeister Johann Holý zahlen. . . Zugleich erhielten sie die schriftliche Zusicherung, daß sie durch keine neuen Abgaben und Steuern beguckt werden sollten. Hierauf kauften die Juden JN. den Platz „nad hamry" (Eisenhammerwerk) am Wege zur Altstadt als Begräbnisstätte für ihre Toten die bis jetzt nach Prag überführt werden mußten, wo der Zentralfriedhof für alle böhm. Juden war. Im J. 1592 kaufte der Jude Michael von Martin Brauer einen Platz um 2 Schock zur Errichtung eines jüd. Badehauses. Zur Zeit des 30 jährigen Krieges erwarben sie die verödeten christlichen Häuser, besonders am Marktplatz. ^Das mißfiel dem Grafen (späteren Fürsten) Octavio Piccolomini, dem Kaiser Ferdinand II. die Herrschaft JV schenkte, nachdem der ehemalige Besitzer derselben, Graf Adam Erdmann, mit Wallenstein in Eger ermordet wurde. Octavio Piccolomini ordnete also dem Bürgermeister von N. an, daß die Juden sich auf die Judengasse zu beschränken haben. Von dieser Zeit wurde die Judengasse an Sonn- und Feiertagen mit einer Kette abgesperrt, damit die Juden an diesen Tagen nicht in die Stadt kommen könnten. Ein verhängnisvolles Ereignis war für die Juden von N. der Brand im J. 1660. Am 17. Mai dieses Jahres (am 10. Jjar 5420) brach im Hause des Juden Elias I resnitz Feuer aus, welches vom heftigen Winde angefacht, in einer Stunde die ganze Stadt (128.Häuser), auch den T e m p el mit seinen heiligen Geräten und sonstigen Einrichtungsstücken, goldenen und silbernen Schmucksachen, die ihresgleichen im ganzen Lande suchten, verbrannten. Die meisten der hiesigen Juden wurden infolge dieses Unglücks von hier vertrieben, nur 10 Familien gestattete man den weiteren Aufenthalt. Noch jetzt wirdi am Jahrestage dieses unglücklichen Ereignisses, der für die Juden von N. wie ein zweiter Tischa-beav wirkte, im Tempel ein Bußgebet gesagt. Man kann ohne Übertreibung behaupten, daß die Stadt N. ihr Aufblühen den unternehmenden und ge-werbsfleißigen Juden verdankt. Sie waren hier die ersten Repräsentanten der Großindustrie und des Handels; sie haben einen Wald von Schornsteinen erbauen lassen, der Tausenden von fleißigen Menschen Nahrung verschafft. Wir erwähnen hier nur die erste mechanische Weberei Mautner& Sohn, die riesige Spinnerei von Mautner und Warndorfer, die Fabriken von Docter, Pick, Lederer und Stránský usw. Die Webschule in N. wurde von jüd. Fabrikanten nicht nur gegründet, sondern sie tragen auch zu deren Erhaltung und Fortentwicklung viel bei, wenn auch die Gemeinde gegenwärtig den größten Teil der Auslagen bestreitet. Die K. G. N. zählt laut der Volks-zählung im J. 1890 630 Seelen. K. V.: Isak Mauthner, Vorstandmiterlieder: Moritz Schur. jUDr. Ludwig Rb. Dr. H. Goitein Isak Mautner Fanny l'i l Jakob Pick Bauer, Moritz Sommernitz, Jakob Sommernitz, Max Goldschmiedt, Ig. Lederer, Jonath. Lewith, Otto Pick, Wilh. Winternitz, Ig. G. Lederer, Rb.: Dr. Hirsch Goitein. -^ Die Gemeinde besitzt eine Synagoge, einen Friedhof, eine dreiklassige Volksschule mit öffentlichkeitsrecht, ein Tauchbad. Der gegenwärtige Tempel wurde im J. 1777 erbaut, vor 15 Jahren renoviert. Die Schule wurde im J. 1871 erbaut. Es bestehen 20 Stiftungen und einige Stiftungen der Ch. K. Vereine: Ch. K. und Krankenpflege (Vorstand Isak Mauthner, Gustav Schur), Darlehensverein (Vorstand David Schur), Frauenverein (Charl. Schür, Fanny Pick), Isr. Schulkreuzerverein (Vorst. Max Goldschmiedt). Freudenthal („Leipz. Meßgäste") nennt eine Reihe Nachoder Juden, die die Messe besucht haben u. zw.: Jonas Fleischel, 1705, 1707, 1709, 1710, 1712, Jakob Loebel 1708, Meyer Jonas 1708, Mendel Ruben 1711, Simon Valtin 1717, Isak Zacharias 1683. In Náchod wirkten folgende Rabbiner: R. Tobia Horschitz, R. Mosche Bluměnau (1780, früher in Ko-jetein), Dr. Jonas Wiener, Dr. Heinrich Brody, Isak Schur, Isak Mautner, David Schur, Jakob Pick, Adolf Neu, Prof. Dr. Gustav Sicher, Dr. C. Hugo Stránský (letzterer seit 1930). Kt.: Philipp Lebowitsch; Religionslehrer: Adolf Neu. Zur Gemeinde gehören folgende Orte: Česká Skalice, Hronov, Červený Kostelec, Úpice, Police, Aderš-pach, Teplice n./M., Broumov. Der T. V. ist Josef Lewith. Die Gemeinde hat zwei Friedhöfe, deren ältester Grabstein aus -dlem J. 1648 ist. In Üpice und Broumov sind kleinere • Betstuben. Die ehemaligen K. V. waren: Richard Kafka, Ing. Oskar G o 1 d s c h m i d t, Ing. Ervin Schwarz-ko p f, Rieh. Lewith, Jindřich May, Dr. Karl Vrba, Josef Schulz, Jul. Goldmann, Leo Strass, Heinr. K o horn, Jonáš L e w i t, Mor* Fleischner, Dr. Oskar Lederer, Jos. P1 a-tovský, Hugo Horpatzky, Simon Holzner, Josef L e d e r e r, Dr. Alfred Schwarz, Dr. Oskar L e d e r e r. ■ * Die Geschichte der Juden in Náchod ist wiederholt bearbeitet worden, namentlich finden sich umfangreichere Studien im Werke J. K. Hraše: „Dějiny Náchoda", ferner Frant. Machát: „Židé v Náchodě v 17. a 18. st.", ein Aufsatz im „Sborník hist. prací k 60. naroz. Jarosl. Golla (Histor. klub, Praha). Von den zahlreichen verdienstvollen Männern, die der Náchoder K. G. entstammen, wollen wir mindest des hochgeschätzten H. Moritz Oberländer (Eipel) gedenken.