Diese sowie andere Familien des gleichen Zunamens stammen aus dem etwa 2 Stunden von L. entfernten Städtchen Mileschau, in welchem heute keine Juden mehr wohnen.. Die Namen Glässner sollen mehrere dortige Judenfainilien anläßlich der Josefinischen Namensgebung aus Dankbarkeit zum herrschaftlichen Gutsverwalter namens Glässner, der die dortigen Juden wohlwollend behandelte, mit seiner Erlaubnis angenommen haben. Die frühere Synagoge (Bethaus) CNr. 43 in Mile-schau, we'lche auf Grund des Kaufvertrages vom 29. Jänner 1857 der K. G. Mileschau gehörte, wurde 1912. nach der Auflassung dieser Kultusgemeinde, an eine dortige christliche Familie verkauft. Als Merkwürdigkeit ist zu erwähnen, daß auf dieser Synagoge seit 1843 grundbücherlich „das Pfandrecht für die Verbindlichkeit, alljährlich in der Mileschauer Pfarrkirche eine heilige Messe lesen zu lassen", einverleibt war. Sonstige Denkwürdigkeiten jüdischer Art sind dort nicht zurückgeblieben, die Toten wurden auf dem Čiž-kowitzer Judenfriedhofe begraben. Als frühere Vorsteher der Lobositzer K. G. sind zu erwähnen: 1. Jakob Glässner, 2. Hermann Schiller, 3. Max Gans-Schiller, 4. Friedrich Gratum, 5. Dr. Karl Glässner, 6. Wilhelm Bergwein (gest. 19. Mai 1920), 7. Max Wilhelm Schiller (gest. 2. Jänner 1914), 8. zuletzt 1914 bis 1930 MUDr. Markus L ö w i t h, gest. 12. Feber 1932; jetzt ist Vorsteher Herr Ernst Schwarz, Mitinhaber der Firma M. GläsiSner & Söhne. Als frühere Rabbiner sind zu nennen: Heinrich Saar (1886—1905), Salomon L ö w y (1905 bis 1906), Ignaz Löwy (1906—1907 und seit 1921 bis jetzt), dann Heinrich Brock (1907—1908), Dr. Salomon Frankfurter, jetzt in Berlin (1908 bis 1912), Dr. Emili Friedmann, jetzt in Pardübitz (1912—1916), Dr. Moritz Müller (1917-4921, jetzt in Klattau. Von den früher in L. ansässigen Judenfamilien ist insbesondere jene geadelte Familie Honigs b e r g -zu erwähnen, deren Begründer als Tabakhauptverleger vor den Napoleonischen Kriegen hieher zog und zum Danke für die Erfindung der für das Tabakmonopol.; sehr wichtigen Tabakbeize den Adel verliehen erhielt. Er- und der zur selben Zeit aus Galizien hieher verzogene Emanuel T i r s c h hatten insbesondere Kriegslieferungen, der letztere als Wollhändler, beide, erlangten hier einen großen Reichtum und' Königsbergs Tochter heiratete den berühmten Simon Edlen v. Lä-mel in Prag. Einer von Königsbergs Nachkommen war Aktuar der Prager K. G. Tirsch selbst war jüdischer Kreisdeputierter. ,, Die zu den ältesten hiesigen Familien zählende Familie Wohl ist bereits ausgestorben, nachdem einige ihrer Mitglieder zum Christentum übergetreten waren. Das schon früher sehr bekannte und noch jetzt hier stark betriebene Getreidegeschäft, insbesondere die Schiffsverfrachtung von Getreide nach Deutschland,, ist auf ein Mitglied dieser Familie, Salomon Wohl, zurückzuführen, der dieses Geschäft in Hamburg kennen gelernt und hier eingeführt hat. Von.der gleichen Familie und von der Familie F i s c h 1 wurden schon um 1800 hier zwei Gerbereien betrieben, die bis voi' einigen Jahren betriebene Lederfabrik' Paul Müller wurde von Leopold Wohl etwa 1875 begründet. Aus der von dem Dorfe Watislaw bei Trebnitz hieher verzogenen Familie Schiller stammten mehrere Vorsteher und bekannte Kaufleute, Abkömmlinge derselben sind die Prager Familie Schiller, Besitzerin des großen Modenhauses Moritz Schiller A. G., und der bekannte frühere Leitmeritzer Advokat Dr. Schiller. -Eine andere Familie dieses Namens, der der Prager Advokat Dr. Vladimir Schiller entstammt, lebte in Schöppental (Šepetely) bei Třiblitz, wo dessen Vater Jakob Schiller einen großen Reichtum sammelte, weshalb er als „Graf von Schöppental" bezeichnet wuťde. Von Jungbunzlau kam um 1850 die Familie W i n-t e r b e r g hierher, welche mit der verwandten Familie Löwy aus Lihochowitz zusammen hier ein Holz-geschäft begründete; diese Firma Löwy & Winterberg ist noch heute als Holzgroßfirma in Prag sehr bedeutend und ihr Chef ist der hier geborene Herr Fritz Winterberg. In L. wurde auch der bekannte jüdische Justizminister Glaser Barmizwah; sein Vater war Mautpächter in Leitmeritz. Die Barmizwah fand deshalb in L. statt, weil damals in Leitmeritz keine K. G. bestand und erst später wieder begründet werden durfte. Die K. G. in L. umfaßt den ganzen Gerichtsbezirk L., einen Teil des Libochowitzer Bezirkes, soweit er zur früheren J. G. T r z i b 1 i t z (č. Třebívlice) gehört, und vom Leitmeritzer Gerichtsbezirke den Ort Pro-smik. An ihrer Stelle bestanden früher die Judengemeinden Lobositz, Čižkowitz, Mileschau u.. T ř i b 1 i t z. Die meisten der früher auf den Dörfern verstreut lebenden Juden isind wie überall auch hier schon in die Städte verzogen. Die Tři-blitzer K. G. hatte nie einen größeren Umfang und mußte sich 1924 aus Mangel an Mitgliedern an L. anschließen. Von den Angehörigen derselben sind jetzt noch vier Familien in Trebnitz, eine in Ne-tluk, eine in Dřemčitz, drei in Třiblitz, eine in Solan, eine in Podseditz, eine in Schöppental wohnhaft. Die K. G. Trziblitz wurde etwa 1857 begründet und erbaute sich um diese Zeit eine Synagoge in Trziblitz, welche nach Auflösung dieser Gemeinde 1924 an die Čechoslovakische Kirchengemeinde in Solany bei Trzi-bÜitz verkauft wurde und dieser jetzt ebenfalls als Gotteshaus dient. Der jüdische Friedhof in Trziblitz . befindet sich weiter in der Verwaltung der Lobositzer K. G., bzw. Chewra Kadischa. Der Kaufpreis für die Synagoge in Trziblitz von ca. 50.000 Kč wurde dem noch zu erwähnenden Kobi-Glässner-Gemeindeerhaltungsfonde der K. G. in L. zur Gänze zugewiesen. Die israelitische Beerdigungsbrüderschaft führt den Namen „Chewra Kadischa Gemilas Chassodim", ihre Statuten wurden 1914 bestätigt, der neue Vorstand besteht seit 1932, sein Obmann ist Herr Direktor Karl Glässner, in dieser Stellung Nachfolger seines Vaters Jakob Glässner, der lange Jahre Vorsteher der Ch. K. war. Die Ch. K. ist Eigentümerin des neuen Friedhofes, auf welchen der Zugang durch den allgemeinen Friedhof, ein zweiter Zugang als „Kohanim-tür" aus den Feldern führt und der eine eigene Friedhofshalle besitzt. - Der israel. Frauenverein wurde als Wohltätigkeitsverein im Jahre 1891 begründet. Obmännin ist derzeit Frau Berta Nathan. Eine besondere jüdische Schule hat in L. niemals bestanden. ,, Die K. G. Lobositz hat derzeit (Jänner 1933) 320 Köpfe, davon sind 105 Steuerzahler und wohnen etwa 386 250 in L. selbst. Die K. G. hat einen Rabbiner und einen' Gemeinde- und Tempeldiener, besitzt nur wenige Stiftungen und außer den Gebäuden und Friedhof en nur geringes Stiftungsvermögen «owie einen größeren Fond, der den Namen Kobi-GläiSsnei^Gemeinde-erhaltungsfond trägt und bezweckt, die Cemcinde im Falle weiteren Sinkens der Mitgliederzahl nach Möglichkeit zu erhalten. Das Budget der Gemeinde beträgt 43.000 Kč. Zum Schlüsse soll noch der jüdischen Opfer des Krieges 1914—1918 aus der Lobositzer Judenschaft gedacht werden: Adolf Glässner Emil Roth Eduard Glässnei* Arthur Saar Kurt Glässner Hugo Saar Eduard Koretz Erust Steindler Fritz Lichtenstem Fritz Stern 381: Lohosilz 5