tenstädtern unterfertigt. Es wurde deshalb zuerst abgewiesen und den Gesuchstellern bedeutet, sie könnten sich eine Filiale der K. G. L. errichten, worauf sie aber nicht eingingen. Wenige Jahre später erreichten sie ihren Zweck, wobei darauf hingewiesen wurde, daß von den etwa 100 nunmehrigen jüdischen Familien von K. nicht mehr ganz die Hälfte aus L. stamme, daß aber anderseits die Gemeinde L. nur noch 35 größtenteils wenig bemittelte Bewohner zähle. Lichtenstadt Friedhof (Alter Teil) . Die K. G. L. wurde auch durch das böhmische Landesgesetz vom 21. März 1890, welches die Rechtsverhältnisse der Judenschaft in Böhmen, ordnete, nicht beseitigt und durch die Durchführungsverordnung vom 10. März 1893, Z. 1021/93, wurden ihr die in den Gerichtsbezirken St. Joachimstal, Platten und Neudek und in den Ortsgemeinden Dallwitz, Gfell, Grafengrün, Haid, Halmgrün, Langgrün, Lichtenstadt, Euppelsgrün, Schlackenwerth, Schobrowitz, Sittengrün und Tüppelsgrün des Gerichtsbezirkes K. wohnhaften Juden zugewiesen. Sitz der Gemeinde ist nach wie vor L., wo der Rb. wohnt und die Matriken-führung besorgt wird. Die Matriken beginnen mit dem J. 1782. Frühere Eintragungen finden sich in den Matriken der katholischen Pfarre L. Rabbiner und zugleich Matrikenführer ist seit 1905 der hochangesehene betagte Herr Samuel Springer. Von seinen Vorgängern kennen wir außer den oben erwähnten Josef Lasch Lerner und R. Israel: Ezechiel Nußbaum (etwa von 1899—1902) und Hermann Spielmann (ungefähr 1902—1905), von Vorste- Dr. Max Samuel- Leopold Schulz hern außer dem Lob Lichtenstadt aus dem Ende des 18. Jhts.: etwa von 1900—1903 Siegmund Binder, 1903—1909 Leopold Schulz und seit 1914 Med. Dr. Max Samuel in St. Joachimstal. Die Einnahmen und Ausgaben der K. G. belaufen sich auf ca. 10.000 K jährlich. Sie verwaltet eine größere Spende des 1918 verstorbenen Julius Samuel in St. Joachimstal, die für eine Erweiterung des Friedhofs bestimmt ist. Im Rb. Samuel Springer Weltkrieg verlor sie 4 Mitglieder durch den Tod: Ernst Brückner, Ernst Schulz, Heinz Zentner und Josef Löw. In L. ist außer dem Rabbiner noch die Familie Alois L ö w y zu erwähnen. Außerdem wohnen nur noch sehr wenige Juden in dem Städtchen; bei der letzten Volkszählung, deren Ergebnisse bereits vollständig veröffentlicht sind, wurden 1921 in L. nur 16 Juden gezählt, in der weit ausgebreiteten Gemeinde im ganzen übrigens auch nur 120 Personen. Aus dem Bezirke K. gehören der Gemeinde 44 Personen an, von denen in Schlackenwerth 22, in Dallwitz 5 und in Sodau 1 wohnten. In Tüppelsgrün hatte 1832 der bisherige Schlackenwerther Schutzgude Elias S a-misch um Aufnahme in den Schutz der Herrschaft gebeten und dieselbe erhalten2), im J. 1921 war aber in dem Orte kein Jude mehr ansässig. Die weitaus meisten Mitglieder der K. G. wohnen heute in NEUDEK (Č. NEJDEK). Die Geschichte der Juden in Neudek und die der anderen Gemeinden des Neudeker, wie auch der des Plattener und Joachimstaler Bezirkes beginnt erst mit dem Anfang des XIX. Jhts. Die erste jüdische Familie, die sich in N. seßhaft machte, dürfte Hersch-mann S t ei n mit seinem Weib und 7 Kindern gewesen sein, die in dem sogenannten Judenhause im Schlpßbezirk wohnten. Es stand gegenüber dem „alten Schloß" beim unteren Ausgange gegen das herrschaftliche Brauhaus, wurde später in die Verzinnerei des obrigkeitlichen Eisenwerkes umgewandelt und ist jetzt abgebrochen; aus Steins im J. 1811 gestellten Ansuchen um Überlassung der Biergalle und von je 4 Faß Bierhefe von jedem Bräu aus dem herrschaftlichen Brauhaus, was ihm auch einer Eintragung im obrigkeitlichen Dekretenbuch zufolge bewilligt wurde, scheint hervorzugehen, daß er mit Landesprodukten Handel getrieben habe; außerdem war er herrschaftlicher Branntweinhauspächter: 1813 wurde ihm die abgelaufene Pacht verlängert. Zwei Jahre darnach (1815) wurde Moses Stein, vielleicht ein nunmehr verheirateter und selbständig gewordener Sohn Herschmanns, gegen Entrichtung eines Schutzgeldes von 15 fl. in den Schutz der Herrschaft aufgenommen, einige Zeit später noch Jakob Stein mit Frau und 3 Kindern, gewiß ebenfalls ein Verwandter. Sommer3) weiß in seiner Landes-künde zu berichten, 1847 hätten in N. im Schloß- bezirk 3 jüdische Familien gewohnt, offenbar die 3 genannten. Nach dem J. 1848, als die Juden die allgemeine Freizügigkeit erlangten, stieg die Zahl der Juden in N. nach und nach. Doch betrug sie auch im J. 1869 erst 25, bei der Volkszählung des J. 1910 waren es 50, am Beginn des J. 1924 49, bei der Volkszählung 1921 37, 1932 aber beläuft sie sich auf 62 Seelen, dem Berufe nach zumeist Kaufleute, dann Advokaten und Ärzte. Außerdem wurden 1921 in Frühbuß 1, in Abertham 5 (hier gehört Stadtarzt Dr. Hugo Baum der Gemeinde an), in Breitenbach 1 und in Bärringen 5 Juden gezählt, im ganzen politischen Bezirk N. (mit G.-B. Platten) 49. In Abertham ist die Fabrik von Seligmann, in Bärringen die .Handschuhfabrik von Neuburger & Straßburg jüdischer Besitz. Das Bestreben der Neudeker Gemeindemitglieder war, angesichts der weiten Entfernung von L., begreiflicherweise frühzeitig darauf gerichtet, einen eigenen Betsaal zur Abhaltung ihres Gottesdienstes zu erlangen. Auf ihre Bitte stellte ihnen der Besitzer der Herrschaft N., ihr Glaubensgenosse Moritz Freiherr v. Königswarter, der langjährige Obmann der Alliance Israelite, einen geeigneten Raum, den er zu diesem Zwecke gemietet hatte, im Hause Nr. 235 unentgeltlich zur Verfügung. Königswarter war Besitzer eines der bedeutendsten Bankhäuser in Wien, welches sein Vater Jonas Königswarter begründet hatte. Er selbst war einer der reichsten Männer des Staates geworden, dabei ein Menschenfreund und Wohltäter großen Stils und auch politisch als Angehöriger der deutschliberalen Partei tätig. Er war viele Jahre lang Abgeordneter des I. Wiener Stadtbezirks, der Inneren Stadt, im niederösterreichischen Landtage und wurde später in Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste um die Allgemeinheit und auch um den Staat, dem er wiederholt bei Anleihen in schwierigen Lagen helfend beigesprungen war, und gewissermaßen als Vertreter der • mosaischen Religion als lebenslängliches Mitglied vom Kaiser ins Herrenhaus des österreichischen Reichsrates berufen, die größte Ehrung, die man im Kaiserstaate erreichen konnte. In beiden Körperschaften bewährte er sich als freisinniger, aufrechter Mann, der besonders in wirtschaftlichen Fragen eifrig und mit Erfolg mitarbeitete und dessen Wort dabei von Gewicht war und gern gehört wurde. Er war am 16. Juli 1837 in Wien geboren, vermählte sich am 28. Oktober 1860 mit der am 2. Dezember 1841 geborenen Charlotte Edlen v. Wertheimstein und starb am 14. November 1893 in Vien. Er erlangte schon früh mehrere kaiserliche Auszeichnungen und wurde am 25. März 1860 in den Ritter- und am 26. Oktober 1870 in den Freiherrnstand erhoben. Er war sehr kunstsinnig und hatte in seinem fürstlich eingerichteten großen Haus in Wien, \.\ Kärntnerring 4, eine große Gemäldegalerie mit außerordentlich wertvollen Bildern gesammelt. Die Überschüsse seines namhaften Einkommens verwendete er, soweit sie nicht zu Wohltätigkeitsakten aller Art oder zur Unterstützung der Kunst und Wissenschaft bestimmt waren, zum Ankauf von Gütern. So gelangte er in den Besitz von Schebetau in Mähren, Nieděr-Kreuzstetten in Niederösterreich, Csabacsüd und Cseh-telek in Ungarn und kaufte am 30. September 1881 auch die Herrschaft Neudek mit Tüppelsgrün und dem Gut Ober-Chodau für 2,250.000 fl. von der bisherigen Besitzerin Gräfin Anna von der Asseburg. In N. ließ er das Schloß 1889 umbauen, so daß es sein heutiges geschmackvolles Aussehen erlangte: die von Zinnen gekrönten Ecktürmchen wurden mit Kuppeldächern überwölbt, das Portal mit einem Balkon wurde neu errichtet, die ganze Fassade renaissanceartig abgeändert und ein neues Dach aufgesetzt. Königswarter hinterließ vier Kinder: Heinrich Maximilian, geb. am 22. August 1861, gest. am 17. Mai 1931, vermählt mit der 1869 in Berlin geborenen Schauspielerin Margarete Formes, Hermann, geb. am 4. Feber 1864 und gest. am 21. September 1915, in erster Ehe vermählt mit Melanie von Blaskovich, von der er sich 1887 wieder scheiden ließ, das zweitemal 1904 mit Adolfine Sosna, welche ihn überlebte und in zweiter Ehe die Gattin des Grafen Anton Apponyi wurde, Wilhelm, geb. am 21. Oktober 1866, gest. am 1. März 1927, mit Rosa Henriette Goldschmidt aus London verheiratet, und Josef ine Franziska, geb. am .21. Dezember 1870 und seit 1893 mit Maximilian Paul Schiff in Wien vermählt. Da Baron Moritz mit der Heirat seines ältesten Sohnes mit einer Schauspielerin nicht einverstanden war, wurde dieser mit einem Teil des Vermögens abgefunden und der zweite Sohn Hermann Erbe der Güter und Titel. Durch die Teilung unter 4 Kinder und durch große Verluste des Hauses während der Kriegszeit und nach dem Umstürze ging viel von dem ehemals so großen Königswarterschen Vermögen verloren und so kam es, daß die Familie zwar noch heute sehr wohlhabend, aber keineswegs mehr so märchenhaft reich genannt werden kann, wie sie früher war. Der neue Besitzer von N. Hermann Freiherr v. Königswarter war bereits 1888 zum katholischen Glauben übergetreten. Er mußte nach und nach Teile des Gutes verkaufen: 1899 ging das herrschaftliche Walzwerk an die Firma C. T. Petzold in Wien über, wurde dadurch später mit dem Nostitzschen Eisenwerk in Rothau und zuletzt, in eine Aktiengesellschaft verwandelt, mit der Katlshütte in Schlesien vereinigt, was endlich zur wesentlichen Betriebseinschränkung in Neudek und Rothau, ja zum Stillstand der dortigen Werke führte; dadurch wurden natürlich Neudekund besonders seine Geschäftsleute ungemein geschädigt. Im Jähre 1908 war Tüji-pelsgrün für 1 Million fl. an Anton Weber in Fischern, im selben Jahre Ober-Chodau für 319.000 fl: an G. Linnarts und Neudek für 4,805.000 fl. au den böhmischen Religionsfonds und zuletzt das noch vorbehaltene Schloßgebäude in N. mit 20.000 m2 Grund für 270.000 f 1. an die Norddeutsche Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei verkauft1 worden. ' Als nach Baron Moritz Königswarters Tode der Mietzins für das Betlokal in N. nicht mehr bezahlt wurde,: stellte Leopold Schulz in entgegenkommendster Weise einen anderen Raum dafür in seinem Hause Nr. 237 als Betstube zur Verfügung und auch nach seinem am 5. März 1917 erfolgten Tode beließ seine Witwe Frau Paula Schulz der Gemeinde das Zimmer beinahe unentgeltlich, so lange es ihr möglich war, bis 1931. Der guten, wahrhaft frommen Frau (gest. 1933) gebührt für ihre Handlungsweise der herzlichste Dank. Ihr Gatte war verdientermaßen 1903 K. V. der K. G. (Lichtenstadt) geworden und bekleidete dieses Ehrenamt 6 Jahre lang. Er leitete, es gewissenhaft und in uneigennütziger und aufopfernder Weise, ihm verdankt die K. G. den heutigen festen Zusammenhalt aller Mitglieder. Er erfreute sich bei Lebzeiten allgemeiner Beliebtheit, nach seinem Tod wird ihm ein ehrendes Gedenken stets gewahrt bleiben. Zu seinen großen Verdiensten gehört auch die Erwerbung eines eigenen Begräbnisplatzes. Bis 1914 mußten die Neudeker Israeliten ihre Verstorbenen auf dem Friedhofe in L. beisetzen lassen. In diesem Jahre aber erwarb Schulz für sie und die Kultusglieder der Umgebung auf dem neuen, 1901 eröffneten Kommunalfriedhof in N. eine besondere abgefriedete Abteilung. Der dazu nötige Betrag wurde durch freiwillige Spenden aufgebracht, worunter jene des Barons Hermann Königswarter von 20.000 f 1. die namhafteste war. Aber auch die anderen Mitbürger taten ihr Möglichstes, wie sich .denn überhaupt die Neudeker Juden stets durch ihren Wohltätigkeitssinn auszeichneten. Unter den Förderern der jüdischen Einrichtungen in N. ist der gegenwärtige V. Stv. der K. G. Siegmund Brückner zu nennen, der trotz vieler • privater Arbeiten noch Muße und Zeit findet, alle gemeinnützigen Bestrebungen der Stadt, nicht nur die besonderen jüdischen, tatkräftigst zu unterstützen. Aixch der schon verstorbene Richard Löwy und dessen Gattin Mathilde L ö w y, geb. Weil, müssen in dieser Hinsicht rühmend genannt werden und ebenso ist des gleichfalls schon dahingegangenen Advokaten Dr. Anton Graf zu gedenken, der sich in kervorrageii-der Weise in den Dienst der allgemeinen Öffentlichkeit stellte und dem es namentlich zu verdanken ist, daß die lange Jahre vergeblich angestrebte Bahnverbindung von N. mit den Hauptstrecken durch die Er-