____„„^ ul„.uui —- erteilt ivonig -Ferdinand den Juden in L. einen offenen Brief, in welchem der Stadt befohlen wurde, den Juden zur Einbringung ihrer Forderungen behilflich zu sein und ihnen den Kauf und den Verkauf des Weines nicht zu hindern6). Doch hebt König Ferdinand am 30. Jänner 1540 auf Bitte des Leitmeritzer Stadtrates diese Verfügung aus dem Grunde wieder auf, weil sie den Freiheiten der Stadt L. zuwiderlaufen würde8). Auch die großherzigen Geschenke, die die Juden der Stadt gemacht, könnten sie von ihrem Schicksale nicht mehr bewahren. Als damals das Volk den Juden vorwarf, daß sie im Einvernehmen mit den Türken ständen, Mordbrenner bezahlen und die "Brunnen vergiften, brachen am 19. November 1541, an einem Sabbat, die Christen in das Leitmeritzer Judenviertel ein, plünderten es und jagten die Bewohner desselben ohne Unterschied dies Geschlechtes und Alters aus der Stadt hinaus. Die Tat blieb zwar nicht ungerächt, aber die Juden kehrten niemals in ihre seit alters bewohnten Häuser zurück. Wer als Anstifter dieses Verbrechens bestraft wurde, wissen wir nicht, doch sagt der a'lte Stadtschreiber: „Es haben der Rath und die Stadt um der Juden willen viel gelitten, einige sassen in Prag im Turme und einige mussten auch den Kopf dafür lassen." Erst im J. 1543 wurde der Prozeß durch eine allgemeine Amnestie beendet, die König Ferdinand unterm 15. Juni der ganzen Gemeinde erteilte und durch die er ihre „Ehre", wie ihren „guten Namen" wieder herstellte 7). Nach alledem war nicht bloß der Pöbel der Tat schuldig, sondern auch die Bürgerschaft und insbesondere der Magistrat war wegen Verabsäumung seiner Pflicht beinzichtet. Damit aber war der judenfeindlichen Christengemeinde, die sich mittlerweile in den Besitz der verlassenen Habe der Juden gesetzt hatte, noch nicht gedient, sondern diese verlangte 1546 durch eine an den König entsandte Vertretung, daß dieser die etwaige Rückkehr der Vertriebenen für alle Zeiten verbiete. Ferdinand kam dieser Bitte nach und stellte der Stadtgemeinde am 14. August 1546 ein Privilegium 8) aus, das in einer alten deutschen Übersetzung des Leitmeritzer Stadtarchives folgenden Wortlaut hatte: „Wir, Ferdinand von Gottes Gnaden römischer König, alle Zeit Mehrer des Reiches und König von Ungarn, Böhmen, Dalmalien, Croatien u. s. w.. Infant von Spanien, Erzherzog von Oesterreich, Markgraf ron Mähren, Fürst von Luxemburg, Schlesien und Lausitz, machen durch dieses Schreiben allen kund und zu wissen, wie nach in früherer Zeit die Juden aus unserer Stadt Leitmeritz ausgewiesen worden sind. Wir sind von unsern lieben, getreuen, fürsichtigen Bürgermeister und Räten, wie auch im Namen der ganzen Gemeinde der besagten Stadt Leitmeritz in aller Untertänigkeit gebeten worden, dass wir denen Juden jetzt und für ewige künftige Zeiten alldort in der Stadt Leitmeritz, in der Vorstadt, sowie in der Umgebung der Stadt auf städtischen Gründen zu wohnen oder irgend ein Zu- und Abgehen nicht mehr gestatten möchten. Deren unterthänigen Bitte geneigt und wegen der Dienste, welche sie unseren Vorfahren, den Königen Böhmens, sowie auch uns geleistet haben, und in Hinkunft zu leisten schuldig sein werden, haben wir nach reiflicher Erwägung und mit vollem Wissen kraft unserer königlichen Machtvollkommenheit dem besagten Bürgermeister und Räten und der ganzen Gemeinde der Stadt Leitmeritz, dem gegenwärtigen und zukünftigen diese Gnade zu erweisen, und dazu unsere Zustimmung zu geben geruht, dass wir von diesem Tage die Juden in der oberwähnten Stadt, in der Vorstadt, sowie auch rings um die Stadt, auf den Gründen dieser Stadt weder wohnen, noch sich aufhalten, noch was immer für ein Zu- und Abgehen in keiner erdenklichen Art haben und auch nicht haben können, jetzt und für künftige Zeiten und dies unter gewisser und wirklicher Strafe. Darum befehlen wir allen unseren lieben getreuen, jetzigen und zukünftigen Bewohnern und Untertanen aus allen Ständen des Königreichs Böhmen, dass ihr die mehr beregten Bürgermeister und Räte und die ganze Gemeinde der Stadt Leitmeritz, die jetzigen und zukünftigen, bei dieser unserer Gnade und Schenkung belasset, erhaltet und unverbrücherlich jetzt und in künftigen Zeiten bewahret, ihnen darin keine Hindernisse tuet oder irgend jemanden zu tun gestattet, bei Vermeidung unseres königlichen und der künftigen Könige Böhmens Zorn und Ungnade. Zur Bekräftigung dessen haben wir unser königliches Insiegel diesem Schreiben anzuhängen befohlen. Gegeben in der Prager Burg Samstag in Vigilia der Himmelfahrt Maria im J. des Herrn Tausendfünfhundertvierzigsechs, im siebzehnten Jahre unseres römischen Königtums, im zwanzigsten der übrigen Reiche. Ferdinand." Kurz vor ihrer Vertreibung aus L. zahlten die Juden an die Stadt einen halbjährigen Zins von sechs Schock und außerdem vom Judenbade acht Schock jährlich 9). In der leergewordenen Judenschule, die umgebaut wurde, wurde 1550 von der Stadt das Bürgerapital verlegt. Noch heute erinnert eine kurze hebräische Inschrift an der Hofseite des Gebäudes an seine ursprüngliche Bestimmung. König Ferdinand, der schon am 6. März 1545 dem Landeskämmerer Wolfhard Plankner von Kinsberg befahl, daß er den in L. beraubten Juden zu ihrer Gerechtigkeit verhelfe 10), trägt am 5. Jänner 1551 den Räten und Richtern des Landrechts auf, das Gesuch der bei Saaz und L. beraubten Juden zu erledigen11). Eine Erledigung erfolgte jedoch nicht so bald, denn unterm 21. März 1559 befiehlt Kaiser Ferdinand dem Erzherzog Ferdinand in Angelegenheit der beraubten Juden zu L. und Saaz mit den kaiserlichen Räten zu beratschlagen und ein Gutachten zu erstatten12). Auf Grund dieses kais. Befehles wurde endlich eine Untersuchung eingeleitet. Auf eine Anfrage an den Leitmeritzer Stadtrat berichtete dieser unterm 19. November 1559 an den Erzherzog Ferdinand, daß man den Namen der Anstifter des Aufruhrs gegen die Juden nicht erfragen könnte; der Statrat berichtete über die weiteren Verhandlungen, die in dieser Sache gepflogen wurden und bittet, daß ein schiedsrichterlicher Ausspruch in dieser Angelegenheit rechtskräftig bleibe13). Am 12. Juni 1561 zeigt Ferdinand I. von Regensburg aus der Stadt L. an, daß er ihnen auf ihre Bitte bei seiner Ankunft auf dem Prager Schlosse einen Majestätsbrief darüber erteilen werde, daß in L. niemehr Juden wohnen dürfen14). Ob dieser Majestätsbrief tatsächlich erteilt wurde, ist nicht sicher. . Im J. 1580 ersuchte der Leitmeritzer Magistrat den Hauptmann der Raudnitzer Herrschaft, er möge den unter seine Amtsverwaltung zugehörigen Juden verbieten, den Untertanen der Stadt L. Ge'ld zu borgen15). Am 11. Juli 1584 befiehlt Kaiser Rudolf II. dem Bürgermeister von L., die Prager Juden zu den Jahrmärkten zuzulassen und ihre Geschäfte nicht zu verhindern, da die Jahrmärkte für ehrliche Handelsgeschäfte frei seien und die Juden Zölle und andere Abgaben wie die Christen zahlen müsisen16). Litoměřice 2 364 Am 20. Oktober 1604 beschließt der Stadtrat von L.1T) darüber zu beobachten, daß die Juden die Weinberge bearbeiten, welche Adam Hrzan von Harasow als Pfand von Polyxena von Rosenberg besitzt, obwohl es sich mit den Privilegien der Stadt nicht verträgt. Trotz des Protestes vom J. 1546 erlaubte Kaisei* Ferdinand II. durch ein Privilegium vom 24. Juni 1624 18) zwei Juden, und zwar dem Abraham Lichten-stadt und seinem Schwager Moses sich in L. niederzulassen und den Handel mit Hamburg und anderen Märkten zu vermitteln. Lichtenstadt mietete das Johann Zinki'sche Haus w) unter dem Rathause und betrieb von da aus den Großhandel noch im J. 1635. Als er kurz darauf starb, wurde sein Schwager Moses angeblich wegen schlechten Lebenswandels entfernt. Am 29. Juli 1625 ersucht Elias Kollbracher, Judt von L., den Kaiser, ihm das bei der „Güldenen Gans"20) daselbst zu L. liegende Haus samt dessen Zugehör in der Judengasse allergnädigst zu ver willigen21). Am 1. Juli 1633 wurde zwischen dem Bürgermeister, Rat und Gemeinde der Stadt L. und den Juden Hyrssl Leffmon in Anwesenheit' des königlichen Richters ein Vertrag betreffend den Handel mit städtischem Salze abgeschlossen. Leffmon hat von dem halben Erträgnisse 50 Gulden rheinisch bar in die Stadtrenten zu entrichten und fürs Jahr zwei „Pro-sticze Solidi" für die Stadthöfe und Mühle Salz zu kaufen, soviel gebraucht wird. Ferdinand II. hatte 1628 zwar das Privileg von 1546 bestätigt, zugleich aber auch das allgemeine Judenduldungsgesetz erlassen, das 1630 auf Befehl der Kreishauptleute der versammelten Gemeinde verlesen wurde. Infolgedessen machten einzelne Juden, aus deren Duldung die benachbarten Herrschaften B u d i n und Libocho-w i t z ein besonderes Einkommen an Schutzge'lilern zogen, neuerlich Versuche, sich in L. anzusiedeln, ohne indeß den Widerstand der Gemeinde brechen zu können. Juden und Stadtgemeinde wandten sich daher 1648 abermals an den Kaiser, der am 23. Jänner zu Gunsten der Gemeinde mit Rücksicht auf die Privilegien-von 1546 und 1628 entschied. Von nun an durften die Juden wirklich nicht mehr in L. wohnen. Dagegen wurde im J. 1667 der Stadtgemeinde abermals das Gesetz Kaiser Ferdinand II. eingeschärft, wonach die Juden mindestens die Jahr- und Wochenmärkte frei besuchen durften, ohne besondere oder höhere Steuern bezahlen zu müssen. Nur ein Jude blieb in diesen Zeiten noch in L. Am 10. Juni 1653 war er zwar ausgewiesen worden, allein da niemand außer ihm im Stande war, die Gerber mit Leder und Lohe zu versehen, mußte ihm der Aufenthalt dennoch gestattet werden. Am 26. Jänner 1655 baten die Juden von Raudnitz, Prag und Jungbunzlau um die Erlaubnisse, die Leitmeritzer Jahrmärkte besuchen zu dürfen und erboten sich, drei Kreuzer Tormaut für die Person zu zahlen, abgesehen vom Ungeld und dergleichen. Der Leitmeritzer Stadtrat sah auch die Vorteile eines solchen Anbotes ein und war bereit, wenigstens die Raudnitzer Juden auf je drei Tage gegen eine Tormaut von 15 Kreuzern und eines Stückes Tuch jährlich für die Herren Räte zuzulassen, allein die Sechsrichter und Ältesten der Gemeinde wollten nicht von ihrem Privileg weichen und so> fiel der Antrag durch. Bald darauf aber, im J. 1662, ergingen höhere Befehle, die Juden bei solchen Gelegenheiten frei zu lassen, ohne irgend eine Tormaut zu verlangen. Im J. 1665 wurde den Juden der Handel mit fremden Tüchern und wollenem Zeuge verboten. Doch bat 1668 noch der Jude Joseph Lewi aus Auscha, ihm den freien Eingang und die Handlung in der Stadt, die ihm verboten wurde, wenigstens eine Zeit zur Eintreibung seiner- Schulden zu obligieren. 1662 wird verordnet, daß die Judenschaft und andere Kramleute aus der Stadt geschafft werden22). Doch schlössen 1687 die Juden einen Kontrakt wegen Frequentierung der Leitmeritzer Jahrmärkte 2S). Ein merkwürdiger Fall wird uns aus dem J. 1719 berichtet. Der Stadtdeohant Johann Bayer teilte dem bischöflichen Konsistorium mit, daß in der Stadt-fronfeste von einem Delinquenten namens Josef Windisch, der dort in Haft saß, einer allda zugleich verhafteten Jüdin zugehöriges und seines Alters ungefähr fünfvierteljähriges Kind, als solches gefährlich krank geworden, im Beisein zweier anderer Delinquenten, die bereits hingerichtet wurden, als Zeugen getauft und mit dem Namen Josef benannt wurde. Das Knäb-lein sollte der jüdischen Mutter, sofern sie des Arrestes entlassen werden solle, keineswegs mitgegeben werden, sondern es sei dasjenige zu gewärtigen, was der Bischof diesbezüglich anordnen würde 24). Nach einer Nachricht im Stadtarchive sollte das Knäblein dem Konsistorium zur weiteren Erziehung ausgefolgt werden. Selbst die Josefinische Zeit brachte es in L. nicht weiter. In der Gemeindeausschußsitzung vom 16. September 1766 wurde dem Stadtrichter aufgetragen, daß, falls er einen hausierenden Juden antreffen sollte, er diesen einziehen und ihm die Ware abnehmen solle. Erst nach einem Kreisamtsbefehle vom 27. August 1782 wurde den Juden das Übernachten zur Marktzeit wiederum gestattet. ' Im 18. Jht. mußte jedoch in L, wieder ein Jude gegen den Willen der Gemeinde aufgenommen werden. Im Turmknopf der St. Adalbertikirche wurde im J. 1774 bei Fertigstellung des Turmes, zu welchem der Grundstein am 26. Oktober 1774 gelegt wurde, eine Denkschrift hinterlegt, in welcher unter den Unglücksfällen jener Zeit auch die Einwanderung des ersten Juden in L. aufgezählt wurde. Am 6. Juni 1768 2o) kam nämlich ein jüdischer Tabakverschleißer, dessen Name nicht genannt wird, in L., an, welcher ungeachtet des Protestes des hochweisen und geehrten Magistrats gastlich aufgenommen werden mußte, dieweil er im Besitze eines Privilegium» war. Im J. 1768, und zwar am 19. August, gestattete der Magistrat auf Fürsprache der Kapuziner der Jüdin Oppenheim aus Dresden den Aufenthalt in der Vorstadt, damit sie im katholischen Glaubensbekenntnisse unterrichtet werden könnte. Das Antijudenprivi'legium wurde von den Leitnie-ritzern bis in die neue Zeit streng gehandhabt. Bis gegen die Mitte des 19. Jhts. durfte kein Jude in der eigentlichen Stadt L. sich aufhalten. Am 4. Juli 1851 lebten in L. bereits sechs Juden, und zwar: Samuel K a t z, Vorstadt 305, Moritz Bergwein, Stadt 96, Ascher Töpfer, Stadt 107, Emanuel Glaser, Stadt 139, Joachim Pick, Vorstadt 239 und Emanuel Fleischer, Vorstadt 342. Seit dem J. 1839 lebte Samuel K a t z aus Borohra-dek in L. (Vorstadt 305) jenseits der Elbe am „Eisen-dörfel" und betrieb den Holzhandel. Er kaufte am 20. Jänner 1842 in der „Brückenschanze" am Eisendörfel vom Anton Schmidt mehrere Grundstücke und Gebäude um 2135 Gulden. Als er um Intabülierung des Kontraktes beim Magistrate einschritt, wurde er auf Grund "des Privilegiums abgewiesen. Die betreffende Verkaufsurkunde wurde erst am 14. und 22. Juni 1850 vom Leitmeritzer Bezirksgerichte zur Verbücherung