zu dieser Zeit ein Jud in K. war, welcher den Tabak gebracht hatte auf das ganze Königreich Böhmen und dadurch zu großem Reichtum gelangte. Sein Weib aber der Geistlichkeit sehr geneigt war, daß sie viele heilige Messen unter der Hand hat lesen lassen und allen Christen sehr geneigt geivesen — -—" Im J. 1767 waren in K. und in Dürrmaul 12 Häuser im Besitze der Juden, in beiden Orten überdies noch je ein Gemeindehaus. In K. gab es 32, in Dürrmaul 18 Judenfamilien, außerdem hatten noch 5 auswärtige Familien in K. ihr Heimatsrecht. Am 8. September desselben Jahres bestätigte und vermehrte Graf Sigismund die den Kuttenplaner und Dürrmauler Juden von seinem Vorfahren, dem Grafen Ferdinand von Kupferwald, Hauptmann des Pilsner Kreises und "Vormund der minderjährigen Erben Karl und Sigismund, konfirmierte „Schutzobrigkeitliche Concessiön" dergemäß, unter Hinweisung auf die der Judenschaff im Königreiche Böhmen von der Kaiserin Maria Theresia bestätigten Privilegien, denselben „Handel und Wandel, Nahrungs- und Gewerbetreiben", vollständig freigegeben wurde. Durch dieselbe Konzession wurde den zwei jüdischen Metzgern in K. der freie Ein- und Verkauf des Viehes und Fleisches von und an jedermann gestattet und sowohl die Kuttenplaner als auch die Dürrmauler Judenhäuser von jeder Militär-bequartierung und anderen dergleichen Bürden für immer befreit. Weiter wurde den Juden gestattet, „an ihren Sabbat- und Feiertagen einige Christen-rnenschen, dem alten Herkommen gemäß, gegen gebührlichen und mit den Christen zu vergleichen habenden Lohn, zur Hausarbeit zu nehmen". An Gebühren hatten die Kuttenplaner Juden der Schutzobrigkeit jährlich, halb Georgi, halb Galli, zu entrichten. Für ein Wohnhaus 10 fl., ein Inwohner 5 fl., eine Witwe 45 Kr., ein lediger Sohn von 18 Jahren aufwärts 45 Kr., eine ledige Tochter desselben Alters 30 Kr. Die Dürrmauler Juden zahlten: „nachdem dieselben in mindern Gewerb und Handel für ihre Häuser bloß 7—8 fl." Für die Synagoge hatten die Kuttenplaner, sowie die Dürrmauler Juden jährlich 1 fl. 30 Kr., der Rb. 1 fl., der Schulsinger 30 Kr. zu zahlen. Das Neujahrsgeld betrug in K. 9 fl., in Dürrmaul 3 fl. Die Benützung des hinter dem Pitelteich gelegenen Hügels als Begräbnisplatz wurde den Kuttenplaner Juden gesichert, wofür sie für einen verstorbenen, verheirateten Mann 3 fl., für ein Weib, eine Witwe, eine ledige Person, oder ein Kind je 1 fl. 30 Kr. an Begräbnistaxen zu entrichten hatten. Dr. Ochser schreibt in seiner Arbeit „Der Pinkas der Gemeinde Kuttenplan": „Die Grafen Haimhausen erwiesen sich den Juden nicht nur freundlich, sondlern als Wohltäter. Der Graf Sigismund Haimhausen versicherte sie seines obrigkeitlichen Schutzes, gegen jedwede boshafte Neckung und ungebührliche Antuung". Die Abnahme des Rauchleders der gräflichen Herrschaft wurde ihnen freigestellt, und zwar: „Für das Fell von einem gestochenen oder verreckten Schaf odier Winterhammel 15 Kr., von einem Jährling 8 Kr., von einem Lamm nach der Lammung 4 Kr., von einem Winter-kröpfel oder Blößling 1% Kr., von einem Sommer-blößling die Hälfte." Sämtliche Klagen, die von christlicher Seite gegen einen Juden vorgebracht wurden, sollten der Entscheidung eines Judenrichters mit dem Rechte einer: „via recursus" vorbehalten sein. Ein Jude sollte erst dann in den Arrest kommen, wenn man vorher dem Grafen über das Vorkommnis und das eventuelle Vorgehen Bericht erstattet hatte. Die Steuern waren verhältnismäßig nicht hoch und daher kam es, daß der Wohlstand der Juden täglich wuchs. Auf Anordnung des Grafen wurde auch die Judengasse neu angelegt und bildet noch jetzt die Hauptstraße nach Marienbad." Hingegen beurteilt Prof. Kaiser, ein Kuttenplaner, in einer diesbezüglichen Veröffentlichung, diese Abgaben als egoistisch. Aus dem herrschaftlichen Branntweinhause waren die Kuttenplaner Juden jährlich zur Abnahme von 400, die Dürrmauler von 200 böhmischen Seideln Branntweines verpflichtet. Von jedlém Eimer „Koscherwein" hatten sie der Herrschaft 30 Kr. Nutzungsgebühr zu erlegen. Sehr wichtig waren die Bestimmungen der Artikel 12 und 13 dieser Konzession, deren Originalurkunden sich im Archiv der K. G. Kuttenplan befinden dürften. Eduard Senft berichtet in seiner 1876 erschienenen Geschichte der Herrschaft und Stadt Plan, daß sich die Originalurkunden gegenwärtig in Verwahrung des Herrn Wilhelm Löwenstein, des damaligen Vorstandes der Kuttenplaner K. G., befinden. Die erwähnten Artikel lauten wörtlich: „Art. 12. Gleichwie überhaupt einer jeden Obrig- und Gerichtsbarkeit teuerste Pflicht ist, Jedermann ohne alle Rücksicht auf die Person, er seie Jud oder Christ, die heilsame Gerichtigkeit mit gleicher Waage zu administrieren, als auch meiner ernstlichen Will und Meinung dahin gehet, daß von meinen Beamten sowohl als auf den Dorf scharten angestellten Richtern der Judenschaft wie auch der Christen in billigen Sachen auf jedesmaliges Anlangen alle gerechtsame schleunige Hilfe und Assistenz gegen die einfache Tax der nehmlichen Amt- oder Gerichtgebühr, welche ein Christ im gleichen Falle zu entrichten schuldig, unter schwerer Ahndung geleistet. werden solle; wobei jedoch dieses wohl zu beobachten, daß däfern Jud widler Jud, oder Christ wider Jud rechtliche Klage : an zustellen hätte, vermög uralten Herkommens dieselbe für der sonst an dem bei der J. G. in Kuttenplan oder Dürrmaul angestellten jüdischen Richter anzubringen und daselbst rechtlicher Bescheid oder Spruch abzuwarten seie, jedoch mit dieser ausdrücklichen Ausnahme, daß jedesmal dem durch des jüdischen Gemeinderichters geschöpften Erkenntnis graviert zu sein, sich erachtenden Teil frei stehen solle, seine Klage neuerdings via recursus an das hochgräfliche Amt zum abermaligen Erörter- und Entscheidung devolvieren zu können. Art. 13. Sollten meinen oder meinen Erben und Successoren Beamten niemals erlaubt sein, in meiner Anwesenheit einen ansässigen oder behausten Juden die Criminal und Malefiz, dann diejenigen Fälle allein ausgenommen, wo propter periculum in mora eine schleunige Versicher- und Handifestmachung der Person erforderlich für sich allein und nach ihrem arbi-trio in Arrest oder Gefängnis zu nehmen, sondern von Zeit zu Zeit über jeden Fall, wo in Zivilsachen ein ansässiger Jud mit wirklichem Arrest zu belegen wäre, nur einen umständlichen der Sache Bericht abzustatten und hiernächst meine darüber schöpfende gnädige Resolution einzugewärtigen haben werden." Die Schlußbestimmung verpflichtet alle Nachfolger des Grafen im Besitz der Herrschaft Kuttenplan zur Aufrechterhaltung dieser Konzession für immerwährende Zeiten. Nach innen behielt die Gemeinde ihre Organisation von Plan aus bei. Gleich nach ihrer Ansiedlung in Kuttenplan bestellten sie Abraham B r o dl a zum Rabbiner, der aber nur drei Jahre daselbst verblieb. Abraham ben Saul Broda, um 16 4 0 in Bunzlau geboren, wurde schon in früher Jugend von seinem Vater auf die Talmudschule des Zeeb Charif nach Krakau geschickt, wo er bis zur Erlangung des Rabbi-natsdiploms verblieb. Er bekleidete die Stelle eines Rb. zunächst in Lichtenstadt, dann in Raudnitz und in Kuttenplan, von wo aus er 16 9 3 nach Prag be- rufen wurde. Von seinen erlassenen Tekkanot haben sich 5 erhalten, und zwar: 2, 14, 176, 200 und 204. Sein Bestreben war besonders darauf gerichtet, die materiellen Schwierigkeiten, die sich der jungen Gemeinde in den Weg stellten, zu erleichtern. Von 1685 wirkten mit kleinen Unterbrechungen., soweit feststellbar, als Rabbiner: 1. Abraham Broda von 1690—-1693. 2. H e n o c h ben Jakob (um 1720). 3. Moses Chas an (um 1723). 4. Rabbi J> huda (um 1730). 5. Zebi Hirsch P iw o ni (um 1734), Verfasser einer Selicha für Kuttenplan. 6. Je-huda Arje ben JizchakEljakum, gest. um 1763. 7. Josef Krotoschin um 1770 (im Memorbuch). 8. Abraham Meyer 1784. 9. Abraham Stern um 1788. 10. Jehuda Arje Wohl, starb 1828. 11. Eleazar R o k e a c h, um 1830, begraben in Tachau. 12. Michael Löbl Kohn 1836. 13. Daniel Ehrmann 1843. 14. Dr. Adam Wunder, gegen 1847—1861, der zuerst die deutsche Seelengedächtnisfeier einführte. 15. Dr. Moritz Fein, gegen 1863—1866. Jeder von diesen Rabbinern hatte Neuordnungen getroffen, welche zum Teil in den Pinkas aufgenommen, zum Teil noch als Akten im Gemeindearchiv liegen dürften. 16. Samuel Popper 1869—1873. 17. Ignaz Holz er gegen 1874—1876. 18. Dr. Jakob Beihs um 1888—1891. 19. Herrmann Weiner von 1895—1908. 20. Dr. Schalom Ochser, der 1910 die Broschüre „Der Pinkas der Gemeinde Kuttenplan' veröffentlichte. 21. Emil Klaub er um 1913. 22. Ghaim Schapira um 1914. 23. Josef Sagher um 1916. 24. Gabriel Gott lieb von 1919—1923-25. Alexander Stern von 1923—1928 und seit dem I. März 1929 Rb. Prof. Alfred Schapirnik. Er wirkte zuvor als Rb. und Religionslehrer in Kosolup, später in Schüttenhofen. Kam 1894 nach Prag, um sich weiteren theologischen und philosophischen Studien zu widmen, wurde Schüler des Prager ORb. Dr. Ehrenfeld. Später ging er nach der Schweiz, dann nach Paris, um sich philologischen Studien zu widmen. Nach B binnen zurückgekehrt, widmete er sich dem Rabbinerstande. Außer verschiedenen Artikeln in den bis 1914 bekannten hebräischen Zeitungen „Hameliz" und „Hazefira" erschienen noch von ihm in hebräischer Sprache: „Chacham harve et hanolad" und „Eine entsetzliche Nacht", eine psychologische Studie aus dem hebräischen übersetzt. Bei dem großen Brande vom J. 1733, dem fast ganz K. zum Opfer fiel, hatten die Juden nicht zu leiden. Hievon berichtet der Pinkas, Seite 15 b), 92: „In der Nacht des 13. Ijar 5493 (1733) hatte der Herr mit uns Wunder getan und uns seine Gnadle erwiesen, es brach hier in K. ein großer Brand aus, der alles einäscherte; als aber das Feuer zur Judengasse kam, wandte sich der Wind und das Feuer übersprang nach dem Südlen, so daß unser Viertel gar keinen Schaden litt, deshalb haben wir es uns und unseren Nachkommen zur ewigen Pflicht gemacht, alljährlich an diesem Tage in der Synagoge nach Wiederholung des Achtzehngebetes Selichoth zu zitieren, und zwar die Selicha, die uns unser damaliger Rb. Zebi Hirsch P i w o n i zu diesem Zwecke verfaßt hat. Sie ist geordnet nach dem Alphabet und trägt den Namen des Verfassers. Sie fängt mit den Worten an: ,Ata Hael ascher assita niflaot lanu' und schließt mit den Worten: ,Taarog elechaV — Es ist bis jetzt nicht gelungen, diese Selicha aufzufinden. Die ganze Gemeinde ist verpflichtet, an diesem Tage ins Bethaus zu gehen und den ganzen Tag zu fasten, Männer vom 18. und Frauen vom 15. Lebensjahre an; ausgenommen sind Wöchnerinnen, Kinder stillende und Kranke. Selbst solche, die unterwegs sind, müssen fasten. Fällt dieser Fasttag auf einen Samstag, dann wird er auf den folgenden Sonntag verschoben. Auch diesen Fasttag hat děr Synagogendiener am vorhergehenden Sabbat zu Mincha zu verkünden. Der Grabstein für Leib Honig (auch Löbl) und seine Frau Bessl, aus schwarzem Gestein in stark defektem Zustande, steht auf dem alten Kuttenplaner Friedhofe an der Westmauer gegenüber dem Eingänge. Er ist auch der Stifter des Rabbinerlegates für ewige Zeiten, wovon das Gehalt des jeweiligen Rb. bestritten wird. Die meisten Kuttenplaner Juden, denen es nicht immer gut ging, befaßten sich mit Handel. So ist im kath. Kirchenrechenbuch von K., S. 4, zu lesen: „Der Jude Schlambl allhier ist der verstorbenen Marga-retha Merz 5 fl. 30 kr. schuldig geblieben und der Klara Kaiserin vor verkauftes Schaf 5 fl., welchen Betrag die Betreffenden dem hiesigen lieben Gotteshause legiert. (Anno 1721.) Die Schuldner aber brauchten 4 Jahre, um diesen Betrag ratenweise zu bezahlen." Anno 1771/72 kommt vor die bei dem löbl. Gotteshaus vorgefundenen alten Schatzgelder, somit Gutbefund ihrer Hochwürden Vicari dem Juden Benjamin Israel in Dürrmaul, versilbert worden in Empfang 82 fl. 40 kr. 1790 kaufte die Kirche, vermög Konto der Kuttenplaner Jüdin Löwensteinerin, Kirchenspitzen im Betrage von 3 fl. 10 kr. Die Löwensteine waren bekannte Kürschner in K. und gehörten der Planer Zunft dieses Gewerbes an. Auch einen Pferdehändler finden wir in dem Kirchenrechen-buche, wo es auf Seite 4 heißt: „Der wohl Ehrwürdige, nunmehr sei. verstorbene Pfarrherr zu Sehittar-schen H. Josef Johann Postner (früher hier Kaplan) hat diesem lieben Gotteshaus zu K. bei dem Jakob Moyses Juden, wegen eines Pferdes schuldig verblieben, zwanzig ein Gulden legiert. Hiervon er Jud! Jakob Moyses im September anno 1718 per Abschlag erlegt 5 fl., Lichtmess anno 1719 5 fl. und so geht diese Abzahlung weiter bis zum J. 1724. Dem Kuttenplaner Juden Lazar L ö w verpachtete Graf Franz Wenzel von Sinzendorf 1770 das herrschaftliche Bürgergebräu in Plan, das Faß zu 10 fl. Der Pächter konnte aber infolge steigender Getreidepreise den Vertrag nicht einhalten, so daß er in ganz kurzer Zeit bedeutendien Schaden erlitt. Auf Bitten des Pächters wurde der Vertrag gelöst. Am 31. Mai 1871 übergab der kath. Pfarrer die bisher von ihm geführten jüdischen Matrikenbücher dem israel. Lehrer. Die älteste Matrik datiert vom J. 1784. Geburls-, Trauungs- und Sterbematrik in einem Buche. Der ebenso humane wie offenbar gewaltige Graf Sigismund von Haimhausen erteilte seinen Schutzjuden im J. 1756 die Erlaubnis zum Bau einer massiven Synagoge, welche bereits 1759 vollendet war. Diese Synagoge bildete den Stolz der Kuttenplaner Juden. Man kann diese, offenbar den Landesgesetzen widersprechende Erlaubnis, wohl als Beweis für das Ansehen dieses Schutzherren gelten lassen, dessen an josefinische Toleranz grenzende hohe Gesinnung für jene Zeiten wohl als einzigartig bezeichnet^ werden kann. Dem unbekannten Meister dieses originellen Baues ist auch die katholische Kirche des Ortes zuzuschreiben. (Grotte, Synagogen.) Aus dem J. 1756 stammt auch der schon früher zitierte Pinkas der Gemeinde, der sich noch heute im Besitze der K. G. befindet und den Titel „Pinkas Hajaschan", d. h. der alte Pinkas, führt. Es handelt sich um die Umschrift eines schon viel früher vorhandenen Buches der alten jüdischen Siedlung, in welchem alle Verordnungen, Entscheidungen und! Er- 3 «> *» lasse der amtierenden Rabbiner eingetragen wurden. *JJ T