Geschichte der Juden in Königswart. Bearbeitet von Rabbiner Moritz Mandl, Prag. Uer Marienbader Kurgast verabsäumt es niemals, bei seinen Ausflügen in die nächste Umgebung dieser herrlichen Thermenstadt auch das alte Königswart (č. Kynžvart) mit seinem antiken Fürst-Meiter-nichschen Schloßmuseum, das auch eine auserlesene, auch mit hebräischen Schriftwerken ausgestattete, große Bibliothek birgt, aufzusuchen. Er verläßt dieses alte, schmücke, 780 Meter hoch gelegene Kurörtchen nicht »her, als bis er auch, noch die letzte der ehemals bestandenen 3 Judengassen, in der .sich die weit über die Grenzen dieser Gegend hinaus bekannte, viele Jahrhunderte zählende Synagoge befindet, besucht zu haben. Vom unteren Marktplatze aus gelangt man in ein kleines Seitengäßchen, das sich in seiner Mitte zu einem sog. Platze erweitert; hier war einstmals der Mittelpunkt der.großen und angesehenen Judenstadt, in der heute nur noch zwei jüdische Häuser stehen, das des greisen Vorstehers und das alte Rabbinerhaus. Dem ersteren gegenüber befindet sich ein alter Iiolzschupfen, an dessen Stelle sich ehemals — vor dem großen Brande im J. 1849 — ■ das Geburtshaus des bekannten Baron Königs warter erhob. Zwischen beiden genannten Häusern aber ruht als Wahrzeichen alter entschwundener Herrlichkeit, monaten erinnert hier der starke Verkehr an die Prager Altneusynagoge; auch liier ist ganztätiger Füh-rerdienst eingerichtet und der Rabbiner kann, außer Tempel (Außenansicht) folgende Bewandtnis. Die oben erwähnte Renovierung der weithin sichtbare, massive, überkuppte, quadra- ließen die Jesuiten, die hier während der Hussiten-lisch-freiliegende Bau der „Schul". In den Sommer- krieep. fiimJitorlífV.««. v—c~i--------- Braun hakodesch einer kleinen Mittagspause, vor 8 Uhr abends den Tempel nicht verlassen. Gottesdienst findet hier nur am Samstag und an Feiertagen statt. Zum Tempel selbst führen einige Stufen hinein. Über dem Haupteingange an der Westseite lesen wir: Renoviert anno 1608. Eine zweite Tür führt direkt auf die Galerie, die im Rechtecke das Gebäude umzieht, und in die darunterliegende langgestreckte, altertümliche Wintersynagoge, deren Fenster in den großen Tempel-gemiisegarten (in dem sich auch noch eine Sukko befindet) blicken lassen; diese Baulichkeiten ähneln denen der altehrw., über 700 Jahre alten Pinkas-Syna-goge in Prag. Das Innere der Synagoge wird von hohen Bogenfenstern an der Nord- und Ostseite durchleuchtet und ist ein freundlicher, hoher, leichtgewölbter Raum, mit zwei Seitenschiffen. An dem hochgelegenen Almemor vorbei, der von einem einfachen Holzgitter umschlossen ist, führen zu beiden Seiten Stufen zur Bundeslade hinan. Die Ornamente derselben, sowie die Decke des sonst ganz licht gehaltenen Innenraumes weisen, einen mehr kirchlichen Stil auf und wirken befremdend auf jeden Beschauer. Damit hat es, laut dem Archiv dieser alten Gemeinde, f/,.i-----J- i>---- '• |s_ j)je 0Den erwähnte Renovierung e Jesuiten, die hier während der Hussitenkriege fürchterlichen Verfolgungen ausgesetzt waren Kynivart t 320 Königswart 1 und von den Künigswarter Juden beschützt wurden, aus eigenen Mitteln durchführen. 1609 wurden die bunten Verzierungen um die Säulen und die ganze Umgebung des Oraun hakodesch (mit einer leeren Heiligennische oberhalb der zehn Gebote) bis an den Rand der Decke (die wiederum mit Paramenten, die hohe priesterliche Bekleidung darstellend, bemalt) und nach dem Muster einer zur selben Zeit gleichfalls von Jesuiten erbauten Kirche in Kremsmünster hergestellt. Zu den musealen Stücken dieses Tempels gehört auch einer der 10 noch vorhandenen alten, massiven Messingkronleuchter vor dem Almemor. Dieser Leuchter, kunstvoll gearbeitet, — einer Sage nach ein Geschenk König Wenzels II. an die Königswarter Juden, für ihre allezeit bekundete Loyalität, -- wird von einer mythologischen Figur (Jupiter auf einem Adler mit ausgebreiteten Flügeln reitend) getragen. Es werden ferner einige äußerst kostbare, reich mit kunstvoller Goldstickerei verzierte, mehrere Jahrhunderle alte Bundeslagevorhänge, Toramäntelchen und Wik-kel, sowie wertvolle antike, handgearbeitete .,Kle-Ko-desch" u. v. a. Termpelgeräte aus Gold und Silber gezeigt. Alle diese Gegenstände, sowie einige Torarollen, die Menorah u. a. Widmungen weisen ein Alter von mindestens 300 Jahren auf. MUDr. Adolf Kohn Rb. David Löwy Interessant ist auch die Geschichte der Königswarter Juden. Als im J. 1430 die Juden aus Eger und vielen anderen Gemeinden auf Befehl Kaiser Sigmunds ausgewiesen wurden, kamen viele auf ihrer Wanderung auch hierher, sodaß diese früher kleine Gemeinde bis auf 180 Familien anwuchs. Sie fanden da schließlich durch Geschäftsverbindungen mit dein nahen Bayern eine gute Existenz und die ansässige arme christliche Bevölkerung fand hiedurch gleichfalls Verdienstmöglichkeit. Über 2U0 Jahre lang blieb diese Gemeinde auch auf der Höhe, hatte alle rituellen Einrichtungen und war lange der Sitz eines Kreis-rabbinates auch für Eger, Elbogen und Saaz. Seit 1500 lebten in dieser Gegend auch viele Jesuiten und als dann die Welle der Hussitenkämpfe auch hierher kam, mußten diejenigen, die nicht mehr flüchten konnten, den Scheiterhaufen auf dem nahen „Galgenberge" besteigen. Vielen, die in ihrer Not an die jüdische Barmherzigkeit appellierten, gelang es mit Hilfe der Königswarter Juden als Kutscher verkleidet über die bayrische Grenze zu kommen. (Im umgekehrten Falle hätten die Juden zur damaligen Zeit sicherlich vergebens an die christliche Nächstenliebe appelliert.) Seit 1405 besteht hier der jüd. Friedhof. Die Lage am Waldesabhange ist geradezu idyllisch und die Umfassungsmauer desselben in tadellosem Zustande mit großen Quadersteinen wie zum dauernden Schutz überdeckt. Am 9. Ab nun begaben wir uns nach beendetem Trauergottesdienste, unter Führung des ein- zig überlebenden Zeugen der Königswarter alten Kehillaherrlichkeit, des greisen Vorstehers, des noch verbliebenen Restes, auf das ,.altneue" Beth-Hachaim. In manch kleinen Gemeinden nämlich, deren es ja in Böhmen eine große Anzahl gibt, existiert wohl auch nun irgend ein uralter Friedhof, auf welchem auch heute noch begraben wird, wie z. B. im Brandeis a. d. E., aber dort wie anderswo bildet die Verlängerung des vollbelegten Teiles den neuen, während hier merkwürdigerweise uralte Grabsteine neben solchen aus der letzten Zeit zu stehen kommen, was durch deren ganz verschiedene Formen schon beim Betreten des hiesigen umwaldeten, hügeligen Friedhofes augenfällig wird. Ehemalige kleinen Nachbar-gemeinden in der Nähe, deren Existenz heute nur noch durch das Vorhandensein ihrer Friedhöfe dokumentiert erscheint, sind Amonsgrün und Schüttüber-Mütigau; die jetzt winzige Königswarter Gemeiiide muß demnach drei Friedhöfe erhalten. Gruppen alter Sandsteine, die zum Teil schon halbversunken sind, erinnern in Form, Inschrift und Alter an den Prager alten Friedhof. Als letzter KRb. wird hier Reb Mosche Sachs — angeblich ein Bruder des bekannten Rabbiners und Schriftstellers Mich. Sachs, und als Rb. David Löwy angeführt; geb. 3. April 1854 in Königswart. Studierte in Eger und Prag und wirkte in Stie-nowitz bei Pilsen (1871—1874), bis 1899 als Lehrerin Dobříš und vom 18. Juli 1899 wirkte er in seiner Geburtsstadt K. bis zu seinem am 2. September 1919 erfolgten Ableben. Beinahe durch 4 Jahrzehnte wirkte er unermüdlich und erzog Generationen hiedurch die Jugend, von denen heute viele in geachteten Positionen wirken. AMONSGRÜN. A. ist ein Dorf mit rund 500 Einwohnern am Fuße des Kaiserwaldes gelegen in unmittelbarer Nähe von Sandau im Bezirke Marienbad. Die Bewohner betreiben hauptsächlich Landwirtschaft. Bis Ende des 19. Jhts. beherbergte der Ort A. mehrere Judenfamilien, welche Häute- und Flachshandel etc. betrieben. Die Juden bewohnten den unteren (westlichen) Teil d&s Ortes und dieser Ortsteil heißt heute noch die , Judenstadt". Zu dieser Zeit hatte die Judenstadt ihre gesonderte Numeration. Dieser Ortsteil zählte damals 17 Häuser und die Hausnummern waren in römischen Ziffern angebracht. Auch Gottesdienst wurde in A. abgehalten und da« Haus Nr. 117, das sich gegenwärtig im Besitze des Frl. Theresia Pichl befindet, diente zur damaligen Zeit als Synagoge. Am 29. Mai 1889 entstand in der Judenstadt Feuer, dem 9 Anwesen zum Opfer fielen. Unter diesen war auch der Temipel. Dieser wurde wieder aufgebaut; ab Jänner 1897 fand daselbst kein Gottesdienst mehr statt. Zufolge Neueinteilung der isr. K. G. kam die Judengemeinde A. zu Königswart. Das Tempelge-bäude wurde im J. 1902 an einen Christen namens Michael Pichl verkauft. Am westlichen Eingang des Dorfes, in einer Mulde neben der Ruine Borschengrün beim Kuchateiche, befindet sich der Friedhof, auf welchem heute noch die Juden von S a n 8. a u beerdigt werden. Namen von Judenfamilien, die einst in A. wohnten, sind: Löwi, Reichl (Nachkommen dieser Familie leben in Franzensbad und Pilsen), Gut mann. Sacher, Schimmer, Meier, Bloch, Kamm, Falk, Adler, Fische 1, Kohn usw. (Mitteilung des Herrn Oberlehrer Richard König in Amonsgrün.) Kynivart 2 21 321 Königswart 2