Geschichte der Juden in Königsberg a. d. E. Bearbeitet von Karl Lederer, Königsberg a. d. E. iVlit dem Gründungsjahre der Stadt Königsberg (č. Kynšperk) (1232) beginnt auch die Geschichte der Königsberger Judenschaft. Daß sich die Juden schon damals in K. angesiedelt haben, ist nicht anzunehmen, sieher aber sind sie schon in der Folgezeit Geschäfte halber hierher gekommen; war doch K. ein mit dem Marktrechte auegestatteter Ort. Die ersten Juden-ansiedlungen gab es hier wohl schon im 14. Jht., denn als in Eger im J. 1350 ein Judenpogrom ausbrach, haben wohl viele Juden hier Zuflucht gesucht und gefunden. Es wird uns auch berichtet (Pröckl), daß in Eger ermordete Juden in K. begraben wurden, woraus ebenfalls zu schließen wäre, daß hier schon damals eine Judengemeinde bestand. Ob der jetzt bestehende Friedhof in das 14. Jht. zurückreicht, ist noch ungeklärt. Vor einigen Jahrzehnten stand noch im gegenwärtigen Friedhof ein eisernes Grabmal, das der Überlieferung nach einem gewissen I so. lani gewidmet war, der bei dem Egerer Pogrom 1350 um das Leben kam. Ist dies richtig, so müßte der Friedhof tatsächlich aus dem 14. Jht. stammen. Dies ist aber zu bezweifeln, weil noch im 16. Jht. am Schloßberge ein bewohntes Schloß stand, in dessen Bereich doch kein Friedhof liegen konnte. Der Wall, der sich heute noch durch den Friedhof zieht, beweist, daß der Friedhof erst angelegt werden konnte, nachdem die Königsberger Feste schon in Verfall geraten war. Der älteste Grabstein stammt aus dem J. 1605, folglich müssen wir annehmen, daß der ältere Friedhof, der für das . 16. Jht. urkundlich nachgewiesen ist, an einer anderen Stelle lag. Im J. 1570 (Bondy-Dworsky) waren in K. nach einem allerdings unvollständigen Verzeichnis 6%, Leibitsch 5, Katzengrün 6, Hörsin 2, Kulm 2 und Falkenau IY2 Juden-Familien zur Zahlung der Türkensteuer verzeichnet. Diese genannten Städte und Dörfer haben wahrscheinlich ihre Toten in K. beerdigt. König Rudolf II. befiehlt der Stadt Elbogen diejenigen Juden, die von alters her auf der Herrschaft Elbogen (s. a. a. O.) und K. angesiedelt sind, auch künftighin zu dulden. -An Hans Popp, den damaligen Herrschaftsbesitzer, wandten sich die Ältesten der Prager Juden-, gemeinde im J. 1599 um Schutz für ihre Königsberger Gemeinde, denen die Königsherger Gemeinde bei Begräbnissen Hindernisse bereitete (Bondy-Dworsky). Schon aus der ersten Hälfte des 16. Jhts. werden in den Akten des Egerer Stadtarchivs Königsberger Juden genannt, unter anderen im J. 1519 ein Jude namens Mennel (dabei wollen wir bemerken, daß das Stadtarchiv Eger Urkunden, die sich auf Königsberger Juden beziehen, schon a. d. J. 1510 besitzt. Im gleichen Archiv finden wir: „Der Hauptmann Jörg von Per glas ersucht im Jahre 1519 den Egerer Stadtrat, die Königsberger Juden in die Stadt Eger hinein zu lassen;" nochmals finden wir im J. 1582 im Egerer Stadtarchiv: „Wolf Zeydelhardt, Richter zu Königsberg, ersucht: ,Die Königsberger Juden, welche 6 seint, in die Stadt einzulassen1." Im Manuale der Stadt K., Seite 76, findet sich ein Schreiben v. J. 1595, in welchem sich unter anderem Bürgermeister und Rat beschweren, „daß sie von den Juden ausgesauget wurden". Im gleichen Buche, S. 57, finden wir im Kaufkontrakte (Bellwitz v. Nostwitz der Ältere) betreffs Zahlung, daß auch die Juden zu den 22 fl. 30 kr. meißn. zu den jährlichen Zinsen mit beizutragen haben. Aus diesem Jht. werde wohl auch ein Teil der Tempelsilbergeräte sowie der Tempelvorhänge stammen. Für das J. 1618 werden uns 6 Judenfamilien bezeugt: Samuel oder Schmul, Joel Götz, Aron, Moises Scheu, Nathan und Israel. (Arohiv des Min. des Innern in Prag.) In der Steuerrolle v. J. 1654 finden wir abermals einen Joel Judt, Götz genannt, 47 Jahre alt, der zwei Söhne besitzt, weiter einen Israel Bondi als Hausgenossen hat. Er besaß einen halben Hof, hatte Pferde und Kühe. Weiterhin war in K. beheimatet ein Schimmel Judt und Elias Judt, die ebenfalls Landwirtschaft hatten. Ob die Juden selbst die Felder bestellt haben, ist zweifelhaft, nachdem sie höchstwahrscheinlich mit ihren Handelsgeschäften als Heereßlieferanten beschäftigt waren. Joel spielt in der Geschichte von K. der Überlieferung nach eine hervorragende Rolle*, nach der es heißt: Die Schweden hatten K. belagert und forderten eine hohe Brandschatzung. Die Bürger vermochten die hohe Summe nicht aufzubringen und wandten sich deshalb an den reichen Juden Joel. Dieser stellte sein Hab und Gut zur Verfügung, mit dem volkstümlich gewordenen Ausspruch: „Dem Feinde muß man goldene Brücken bauen." Von diesem Juden Joel wird uns auch glaubwürdig berichtet (Manuale, S. 47), daß er auf einer öden Brandstätte das nachmalige Burggrafenhaus erbaut hat. In der Steuerrolle v.^J. 1654 wird auch bemerkt, daß ein Alexander Schandak von Falkenau nach K. in ein neuerbautes Haus übersiedeln wird, das vorher ein Judenhaus gewesen ist. Im Egerer Stadtarchiv findet sich im J. 1661 nochmals ein Ansuchen, diesmal von Mathias Auroldt, Hauptmann zu K., die Königsberger Juden wieder in die Stadt Eger einzulassen. Im J. 1685 wird die Judengasse schon, urkundlich erwähnt. Bei dem Stadtbrande im J. 1706 soll der Rabbiner dem Feuer dadurch Einhalt geboten haben, daß er über die Haustüre eines gefährdeten Hauses einen Kreis zog, einen Laib Brot in die Flammen warf und den Feuersegen sprach. Das Feuer soll sich auch tatsächlich an dieser Stelle gebrochen haben. Als sich im J. 1707 ein neuer Jude in K. niederlassen wollte, hatte der Großmeister des Kreuzherrn-ordens dagegen Einspruch erhoben, so daß der Herrschaftsbesitzer Metternich versprach, diesen Juden einen anderen Wohnsitz anzuweisen. In den Jahren 1718 bis 1720 werden von den Juden Schlumpe, Simon Jacob, Löb'l Hirsch! verschiedene Steuern gezahlt. Auf Veranlassung des Pfarrers Kaspar Dietsch wurde die kreisämtliche Verordnung vom 24. Juni 1723 in das tyniperkn.10.1 314 Känig.berg 1 neue Jfatentbuon m jv. eingetragen, womit ucu.juu^u mit Androhung der Konfiskation ihrer Güter verboten wird, Häuser, Schulen und Friedhöfe errichten zu lassen; ferner wird ihnen untersagt, Realitäten zu besitzen, Feldbau zu treiben; der Hausierhandel wurde eingeschränkt und andere bedrückende Bestimmungen wurden erlassen. Wie in anderen Städten, in denen Juden siedelten, so mußte auch in K. ein Situationsplan angefertigt werden, aus dem die Entfernung der Judenhäuser von der Kirche auf nachstehendem Bild ersichtlich ist. (Orig. im Min. des Innern in Prag.) '/"V/'; Im Manuale der Stadt K., Seite 18, finden wir aus dem J. 1733 gelegentlich eines Streitfalles die Namen der Brüder Moyses Simon aus Petsehau und Simon Lazar aus Falkenau. Im gleichen Jahre kommt ein Jude aus dem Gute Wallhof namens Josef Jacob' vor, der die Anfrage stellte, ob er sich in K. ansiedeln darf, was auch gewährt wurde. Wie aus einem Schriftstück des Jahres 1734 hervorgeht, besaßen die Juden damals noch keine eigene Synagoge, sondern verrichteten ihre Gebete in einem kleinen Stübel. Ferner ist aus diesem Schriftstück zu ersehen, daß der Erwerbszweig der Juden im Handel mit Tuch-, Zeug-, Woll- und kurzen Kramwaren sowie Braanntweinausschank bestand. Als Steuerzahler werden uns im J. 1738 die Juden: Branntwein Judt Schiml, Schlam, Löw oder Meyer, Männls Schwager Schiml, Löwen Aydmann, Junger Schlam und Gumtn-perl Markus genannt. (Stadtarchiv Königsberg.) Bemerkenswert ist ein Erlaß v. J. 1747, worin es heißt, daß die Seelsorger jenen Häusern, wo Christen und Juden zusammen wohnen, ihr besonderes Augenmerk zuwenden wollen. (Stadtarchiv Königsberg.) Von dem ersten Begräbnishause erhalten wir Nachricht im J. 1739, wo es (im Königsberger Stadtarchive Strohf arberner-Quaitern) heißt: „Der Juden Begräbniss-Ein Jahr dem andern zu hälft geht jährlich in den Renthen ungefähr 7 fl." Im gleichen Buche im selben Jahre sind die erlegten Schutzgelder und Hauszinse von Juden verzeichnet, wobei uns folgende Judennamen genannt werden: Moyses Löbl, Löwi, Männl Abraham, Löw Hirschl, Salomon Jakob, David Simon, Wolfgang Lazar, und Lazar Simon, Branntweinbrenner. Besonderes Aufsehen erregte sicherlich in diesem kleinen Orte in den Jahren 1750 bis 1752 der Prozeß des Juden Mendl aus Schwerin mit seinem Kompagnon Christov Baier aus Hof, der beschuldigt wurde, Seidenwaren seines Kompagnons im Werte von 3000 fl. an einem feuchten Orte aufbewahrt zu haben. Wir ersehen aus diesem Prozesse, wie weit die Handelsbeziehungen gegangen sind. Ein Nachweis, wieso Mendel aus Schwerin nach'K. kam, ist aus den Akten bestanden u. a. aus folgenden Artikeln: Holländischer Damast, Frankenberger Zeug, schwarzer holländischer Damast, halbseidenes Nürnberger Zeug, Gratzer Pergan, Schachgiger Pergan, Görlitzer Tuch, Brüssler Zeug, Englischer Callemay, Musseline usw. Im österreichischen Erbfolgekriege hatten für die hiesige Gegend die Hauptlieferungen der Lichtenstädter Schutzjude Joachim Beer Moyseß (Stadtarchiv K.) und der Egerer Schutzjude Abraham Openhei-m e r, die in den Jahren 1761 bis 1764 die Verpflegung der im Egerer Kreise bequartierten Kavallerie und Infanterie übernommen hatten. Mit ihnen sind auch die Königsberger Juden sicherlich, da selbe zum Teil Heereslieferanten waren, in Geschäftsverbindung gestanden. Als solche finden wir: Judt Bissig, David Löbl, Samuel Mendl, Moyses Löbl, Teuch Schiml, Aron Austerlitz, Löbl Joel, David und Isak Abraham, die Heu, verschiedene Naturalien und Transportfuhren beistellten. (Stadtarohiv K.) Nach dem Protokoll der ganzen Bürgerschaft haben sich bei dem Eindringen der französischen Truppen nachstehende Juden freiwillig besteuert: Josef Feigl, Abraham Baum-gartl, Moyses Lang, Abraham Und Schweiger. Nach dem Patentbuch vom J. 1769 zahlten an Steuern Moyses Löwi 11 fl. 30 kr., Aron Austerlitz 5 fl. 48 kr., Simon David 1 fl. 41 kr., Leha Wittib, Jacob Abraham 30 kr., David Löbl 1 fl. 42 kr., Samuel Mändl 30 kr., -ein Kind 30 kr., Lippmann Simon 30 kr., Wittib Esterle 30 kr., Schulmeister Simon Schmay 1 fl. 12 kr., Schlächter Michael Abraham 30 kr. Summa 26 fl. 36 kr. Wir finden in diesem Verzeichnis einen Schulmeister sowie einen Schlächter und wenn wir annehmen, daß zumindest das Innere des Tempels aus der gleichen Zeit stammt (norddeutscher Hallenbau), so finden wir ein ganz geordnetes Gemeindewesen. Demselben Patentbuche entnehmen wir, daß die Königsberger Juden im 4. Quartal an Steuern 159: fl. 45 kr. abgeführt haben. 1781 fand eine Einquartierung von Soldaten in Judenhäusern statt. An ■ Judenhäusern werden uns im J. 1785 genannt (Josefinischer Kataster): Aron Austerlitz CNo. 239, Moyses Löwy CNo. 247, Aron Austerlitz CNo. 112, Juditha Simonin CNo. 245, 246, Lippmann Simon CNó. 244, Lea Eisigin CNo. 243, Abraham Mendl CNo. 241, David Meyer CNo. 242, Moyses Löwi CNo. 240. Aus den Akten des Stadtarchives entnehmen wir weiter aus dem J. 1782, daß die Königsberger Fleischhauer gegen Einschleppung fremden Fleisches seitens der Königsberger und Pochlo-witzer Juden protestieren, die angeblich das Stück Vieh zu 2 und 3 fl. kaufen. Im gleichen Jahre erklären die Königsberger Fleischauer, daß sie bereit sind, die Königsberger Juden mit Fleisch zu versorgen und daß sie gegen die Anstellung des Rb. Moyses Dattelzweig Einspruch erheben. Eine kreisämtliche Verordnung vom August 1792 bringt u. a. den^Auftrag an die Königsberger Judenschaft, den zum Krönungsgeschenk Franz II. schuldigen Betrag von 87 fl. 9 kr. zu erlegen. Ein weiterer Erlaß vom 24. Jänner geht dabin, daß jüdische Rekruten, wenn sie nicht 140 fl. erlegen können, abgeführt werden sollen. Am 22. Dezember 1801 liegt eine Zession über Verpfändung von Wertpapieren an den Juden Jakob Ulimann in Chodau vor. Nachfolgende Juden haben vom Königsberger Wirtschaftsamte am 11. Juli den Ausweisungsbefehl erhalten: Michl Heller, Josef und Moyses Feigl, Wolf Simon, Joachim B1 o c h, Löw S a d-ler, Abraham Löw, Pinkas K o h n, Naphtalie H ö f-n e r, welche in einem Zeitraum von 4 Wochen vom Tage der Kundmachung die Herrschaft K. zu räumen und sich in ihre früheren Wohnorte zu begeben haben. Kynšperk n.jO.i 315 Königsberg S