befindliche Judenschaft, wie -die Namen haben mögen, ohne Unterschied innenhalb-drei -Monat von -da -abgeschaffet und zu ewigen Zeiten wider der Stadt Willen nicht mehr eingeführt werden sollen." Diese kaisl. Entschließung wurde am 30. Mai 1650 von den beiden Saazer Kreishauptleuten Christoph Jaroslaw Krakow-sky von Kolowrat und Maximilian Wiadislaw Elbögner vom untern Schönfeld auf dem Rathause vor der ver^ sammelten Gemeinde „jung und alt, Weib- und Mannspersonen" und der gesamten Judenschaft mit dem Beisatze kundgemacht, daß nach Ablauf der mit drei Monaten festgesetzten Frist, „so den herannahenden 6. Juli ihre Endschaft erreicht, die Juden sich von K. mit. ihrer Habschaft ohne Ausnahme hinwegmachen und ihren Aufenthalt in zulässigen Orten anderwärts suchen, auch zu ewiger Zeit so wenig öff enťlich. als heimlich sich wieder allher versetzen sollen". Zu die-ser Kundmachung wurde auch „die liebe Jugend mit sonderm Fleiß aus den Schulen hinzugeführt" und es ist sowohl bei dieser wie insbesondere bei den .Handwerksleuten, „denen die Juden mit ihrem angeborenen betrüglichen Unterschleif hochschädlich gewesen, überaus. große Frohlockung und Freude entstanden". Kaiser Leopold bestätigte diese Verfügung seines Vorgänger«, als er unterm 19., Juli 1661 der Stadt K. ihre Freiheiten konfirmierte, mit den Worten: „Und nach« dem von weiland unserm hochgeehrten. Herrn Vater Ferdinando tertio, röm. Kaiser, glorwürdigster Gedächtnis, den 12. Aprilis anno 1650 gnädigst resolviert worden, daß die Judensehaft wegen einer von dem Juden Noe geschehenen vorsätzlichen Ermordung eines Christenkinds aus der Stadt K. geschaffet und zu ewigen Zeiten wider der Stadt Willen nicht mehr eingeführt werden sollen, als wollen wir solches hie-mit in Kraft dieses Briefs auch gnädigst konfirmieren und bestätigt haben." Ein Gleiches taten aus gleichem Anlasse mit demselben Wortlaute Kaiser Karl VI. unterm 13. September 1723 und Kaiser Joseph II. unterm 17. Feber 1783. Von besonderer Härte war für die Juden die Bestimmung, daß sie innerhalb dreier Monate die Stadt verlassen sollten, und deshalb richteten sie unterm .21. Juni ein ,.alleruntertänigstes Memorial und um Gottes Willen flehentliches Bitten" an den Kaiser, worin sie zunächst ihre Unschuld an der von . einem „aus der Tartarei gewesten Juden begangenen Übeltat1' beteuern und feststellen, daß ihnen die kaisl. Resolution erst am 31. (!) Mai bekannt gegeben, dessen ungeachtet aber .die Frist z.um Verlassen der Stadt vom Datum des kaisl. Befehls und nicht erst vom Tage der Zustellung berechnet worden sei. Weil sie aber bei der Stadt und Bürgerschaft Schulden einzufordern und auch selbst an diese Schulden zu bezahlen haben, was in so kurzer Zeit durchzuführen nicht tunlich sei, so gelange ihr „um. Gottes Barmherzigkeit willen alleruntertänigstes, fuß fallendes Anrufen, Seufzen und Bitten" an den Kaiser, daß er aus,angeborener Milde dem Kaadner Rate .befehle, daß ihnen zum Verkaufe ihrer Habe, Eintreibung ihrer Forderungen und .Bezahlung . der eigenen Schulden wie auch, damit sie sich um Gelegenheiten zu ihrer anderweitigen Unterkunft kümmern könnten,.der gesetzte Termin noch auf ein Jahr verlängert werde, damit sie nicht gänzlich an den Bettelstab gebracht würden. Schon eine Woche später erfolgte ,die kaisl. Antwo.r.t auf dieses Bittgesuch, wo-rin er den Prager Statthaltern auftrug, eifrig darob zu sein, daß „die Juden über die aus Gnade ihnen verwilligten drei Monate länger nicht zu Caadan- geduldet, sondern alsbald fortgeschafft und ihnen weiter nicht der geringste. Unterschleif verstattet werde". Nur das eine hatten sie erreicht, daß. ihnen billigerweise die Frist üiim- Abzüge vom Tage -Ätr „Iritimation"- an ge-r-echnet werden sollte, r Durch ungefähr zehn Jahre wurde nun von dem Juden die Stadt gemieden, dann aber lebte der Verkehr mit ihr allmählich wieder auf, sie trieben tagsüber hier ihre Handels- und Geldgeschäfte, ja, sie suchten und fanden, wenn es durch die Umstände nötig wurde, auch Nachtherberge bei den christl. Bewohnern, nur von Grund- und Haushesitz und dauerndem Aufenthalte blieben sie ausgeschlossen. Aber nach etwa 60 Jahren dieser verhältnismäßigen Duldung änderte der Rat sein Verhalten und verwehrte in strengster Auslegung*"des kaisl. Reskripts den Judeu jede fernere Nachtherberge innerhalb der Stadt, wies ihnen aber für diesen Zweck- ein jenseits der Eger-brücke beim städtischen Ziegelhofe gelegenes Haus an, dessen Eigentümer, ein Lohrotgerber, ihnen gegen ein Entgelt Unterkunft zu gewähren bereit war. Was den Rat zu diesem strengeren Verfahren veranlaßt haben mag, läßt sich nicht mehr feststellen; kurz, im J. 1720 überreichte der jüdische Deputierte des Saazer Kreises Herschel Calmus beim Saaaer Kreisamt eine Beschwerde, daß von den Kaadnern der Judenschaft im allgemeinen und imshesonders dem jüdischen Steuereinnehmer Lazar Isak aus Flöhau (Bez. Podersam), der die Kontributionsgelder bei der in K. errichteten Filial-Steuerkasse abzuführen hatte, das Nachtquartier nicht gestattet werde, wenn er vor seiner Abfertigung von der einbrechenden Nacht überrascht werde. Daraufhin hielt das Saazer Kreisamt dem Kaadner Rate vor, daß das Judenprivilegium kein Jota von der Verweigerung der -Nachtherberge enthalte, sondern nur bestimme, daß die Juden in K. niemals, mehr das do-micilium figere und sich poiSsessioniert machen sollen, und ermahnt ihn, die Juden nicht über die Bestimmungen des Privilegs hinaus zu kränken. In ihrer Antwort verteidigten die Kaadner ihr vermeintliches Recht, den Juden auch die Nachtherberge zu versagen, und beriefen sich .vor allem auf den Wortlaut in der Kundmachung der Saazer Kreishauptleute vom 30. Mai 1650. In einer längeren, sehr scharfsinnigen Erwiderung, mit dem Praesentatum des Landesguberniums vom 23. Juli 1720 versehen, weisen die Deputierten und Beisitzer der Landesjudenschaft nach,"daß laut des Privilegs die Juden nur keine Einwohner der Stadt K. mehr sein dürfen, weil das Wort „eingeführetf' bloß das domicilium figere bedeute, was die Stadt selbst durch ihre Observanz bestätige, indem sie die Juden in die Stadt einlasse, was sie nicht dürfte, wenn die Judenschaft durch das Privileg simpliciter exkludiert wäre; daß auch der Ausdruck der kreis amtlichen Kundmachung „sich wieder versetzen" nur das domicilium. figere meine und unmöglich auf die Pernok-tierung bezogen werden könne. Es sei also pure Notzucht, den inländischen, meistenteils in der Stadt wohlbekannten, ehrlichen Juden die Nachtherberge zu verweigern und sie zu zwingen, etwa an Jahrmarkttagen, zumal zur Winterszeit, wo ihnen die Nacht augenblicklich auf den Hals komme, sich mit ihren Waren und gelöstem Gelde über das Wasser in ein einschichtiges, den Dieben leicht zugängliches Gerber-häusl zu begeben und sich mitsamt dem Hauswirt der Gefahr einer Beraubung auszusetzen. Auch in;Pilsen und etlichen anderen Städten werden die Juden zwar nicht eingelassen, aber zu Jahrmarktzeiten können sie ungehindert bis zu ihrer Abreise in der Stadt nächtigen, wie es das ius nundinarum ihnen, gewährleistet. Wenn der Filialsteuereinnehmer mit Arbeit überhäuft ist. und den jüdischen Kontributions-Einnehmer nicht bald abfertigen kann, weil er die Christen, die Geld abführen, nicht stehen lassen und den Juden eher vor- nehmen wirdi also' der jüdische "Einnehmer notwendig, bis ,auf den anderen/Morgen verziehen muß, wie kann, es dann dieStadr: verantworten, =daß dieser sichöfters mit etlichen hundert Gulden baren Geldes aus der Stadt übers Wasser in das einsame Häusl begeben und Gefahr laufen muß, beraubt und erschlagen zu werden, wie denn jeder Dieb zugleich aufs Leben geht? Darum bittet die Eingabe schließlich um Erlassung einer Verordnung, daß den nach K. kommenden Juden die Übernachtung^ soweit sie solche nötig haben, absonderlich zu Jahrmarktzeiten und namentlich den jüdischen Kontributionseinnehmern, so oft sie bei der Filialkasse in K. zu tun haben und nicht bald abgefertigt werden können, nicht verweigert werden dürfe. Unterschrieben ist diese Eingabe von Benjamin Přze-stitz, Aberham Schickh, Markus Wollien, Hersch'l Calmus, Aberham Prager, Salomon Horžepnikh, Herschi Launer und Gumprieht Ghotzen. Auf Anordnung der Statthalterei trat am 22. November 1720 auf dein Herrensitze des Kreishauiptmannes Karl Max Leopold Přzichowsky in Hohenlibin eine Kommission zusammen, an welcher für die Stadt K, zwei Magistratsräte mit dem Notar, welcher das Original des Judenprivi-legs vorlegte, und seitens der Juden die Landesdepu-tie"rten Herschi Ca'lmus und Lazar Isak teilnahmen. Die Untersuchung sollte ergeben, oh die Kaadner wirklich bisher keinen Juden wissentlich und ungestraft in ihren Mauern haben übernachten lassen und so ihre Auslegung des Ferdinandeischen Reskripts durch langjährige Übung, also durch das ius consuetudina-rium gestützt hätten. Die Juden beriefen sich auf die Erzählung verstorbener Glaubensgenossen, daß .sie vor 50 und 60 Jahren in der Stadt ohne Hindernis und Heimlichkeit Nachtherberge fanden, wobei .sie die Häuser und Familien, in denen sie ihnen gewährt wurde, genau bezeichneten; sie wiesen auf das Zeugnis noch lebender Personen hin, die seit mehr als 30 Jahren in K. übernachteten und denen von einem Rechte, daß ihnen die Übernachtung- verwehrt werden könnte, nichts gesagt wurde. Als z. B. im J. 1715 die Kreisrevidierung in K. stattfand, wohnten die dabei erschienenen Juden durch fünf Tage ohne Widerspruch in der Stadt bei dem Tuchmacher Johann Pepp'l (heute Haus CNr. 217). Allerdings leugneten sie nicht, daß über Juden und Bürger wegen des Über-nachtens Arreststrafen verhängt wurden, erklärten aber, daß dies kein Rechts-, sondern ein Gewaltakt gewesen sei, gegen den der Jude sich nicht habe wehren können. Sie gaben auch, zu, daß in einem Hause jenseits der Egerbrücke oder, in dem nur einen guten Büchsenschuß entfernt gelegenen Dörfchen Seelau Nachtherberge zu finden gewesen sei, mochten aber diese um der Sicherheit willen nicht gerne beziehen, denn erst vor einigen Jahren sei in der Ziegelhütte, dem Naohbargebäude des „Gerberhäusls", ein Raubmord geschehen. So dürfe sich der jüdische Kontributionseinnehmer vor allen anderen nicht solcher Gefahr aussetzen, indem er mit den Steuergeldern außerhalb der Sicherheit der Stadt übernachte. Dagegen wandten die Kaadner ein, er könne ja, um einer solchen Gefahr. auszuweichen, die Gelder jederzeit, wie es oft seitens, großer. Herrschaften geschehe, dem Steueramte als Depositum übergeben. Wenn Juden in vergangenen Jhzt. übernachteten, sei es heimlich, ohne. Vorwissen des Rates geschehen und in jedem Fall, der zur Kenntnis desselben kam, seien die Schuldigen der Strafe.verfallen. Das bewiesen sie mit sieben Auszügen aus den Amts- und Gerichtsbüchern. Gegen die jüdischen Zeugen könnten sie genug Gegenzeugen führen, von denen ja nach den Stadtrechten jedem einzelnen als ehrbaren, würdigen Manne mehr Glaube geschenkt werden müsse, als dreißig Juden, die„nach Art und Natur und von Geburt aus unwahrhaft; und betrügerisch" seien. Als die böhmische Kammer im März 1720 die Kreisjuidenschaft nach K. zusammenrief und vorauszusehen war, daß die Verhandlungen einige Tage währen würden^ beschloß der Magistrat, 6Ích bei der Oberbehörde zur Wahrung seines Rechtes dagegen zu stellen, daß die Juden aus diesem Anlässe in der Stadt übernachten. Da nahmen die Juden aus eigenem Entschlüsse bei dem Gerber über der Egerbrücke gegen billige Abfindung Nachtquartier. Unter den Zeugen der Stadtgemeinde sagte besonders der 72 Jahre alte ehemalige Stadtrichtér Daniel Wahner aus, daß ihm während seiner dreijährigen Amtszeit vom Rate des öfteren eingeschärft wurde, keines Juden Übernachtung zu dulden, dem er auch nachgekommen sei. Vom Kontributionseinnehmer Lazar Isak erzählte er, daß, als dieser einst nächtlicherweile im Herrenhause (jetzt Großgasthof Gaügl CNr. 122) angetroffen wurde, er ihn auf Geheiß déš. Bürgermeisters ins Rathaus bringen und von hier, weil, er in seinen Äußerungen sich gegen den Bürgermeister „verstieg"', in den Schachtleiarrest abführen mußte, woselbst er aber nicht viel länger als eine halbe Stunde verblieb. Wenn auch das Verbot der Übernachtung im Privilegium nicht ausdrücklich ausgesprochen sei, so habe doch die 70 jährige Übung und Gewohnheit die Geltung eines wirklichen Gesetzes erlangt. Daß die Juden Übertags in der Stadt sich aufhalten und ihren Geschäften nachgehen dürfen, verdanken sie der puren Güte des Magistrats; das gebe ihnen kein Recht, auch die Übernachtung zu verlangen. Auch in anderen Städten, aus denen sie ausgewiesen wurden, würden sie bei Tage eingelassen, in manchen Orten allerdings erst nach Erlag von 2, 3 und mehr Gulden," nächtlicherweile aber nicht geduldet. In K. hätten sie nur zu Jahrmarktzeiten dem Stadtrichter und Fronboten nach alter Gepflogenheit eine Gebühr von 7 Kreuzern zu entrichten. Weil nun die Juden bei dieser Gelegenheit die Abstellung dieser Gebühr forderten, so erkläre der Rat, daß bei verweigerter Zahlung dieser Gebühr die Juden wie in anderen Städten auch bei Tag den Weg an der Stadt vorbei zu suchen gezwungen würden. Nebenbei bemerkten sie, daß die vorliegenden Eingaben der Landesjudenschaft im Grunde ungültig seien, weil sie entgegen der josephinischen Pragmatik vom 9. August 1709 weder von den Judenältesten noch demSollizitator unterfertigt seien. Doch hätten sie, um die Angelegenheit ins reine zu bringen,; über diesen Mangel hinweggesehen. "Die Frage, ob wirklich in den verflossenen sieben Jhzt. kein Jude erlaubterweise in K. über Nacht bleiben durfte, blieb unbeantwortet, da hier Beweis gegen Beweis stand; auch eine zweite kommissionelle Untersuchung in dieser Angelegenheit, welche am 15. September 1721 zu K. unter Teilnahme derselben jüdi-Vertreter stattfand, zeitigte kein besseres Ergebnis. Und wie die Saazer Kreishauptleute in ihrem Berichte über die erste Kommission der Berufung der Kaadner auf ihr ex duplici capite, privilegio et consuetudme, fließendes Recht nicht viel Wert beimaßen und der Statthalterei den Antrag unterbreiteten," daß den Juden die angesuchte Erlaubnis zum Übernachten zu erteifen sei, weil das kaisl. Reskript nur das Verbot, sich daselbst seßhaft zu machen, für ewige Zeiten ausspreche, vom Handeln und Pernoktieren aber nichts erwähne, so äußerten sie auch im Berichte über die zweite Kommission dieselbe gutachtliche Meinung, sie noch mit dem Hinweise auf das 1658 für die Komotauer Juden erlassene Verbot, auf Komotauer Grund zu handeln und zu wandeln, unterstützend, wodurch die • den