Über die Aktion der Kriegsflüchtlingsfürsorge in E. zu berichten, erscheint mir heute'^-.vorzüglich der veränderten Verhältnisse halber — total inopportun. Schließlich hatte jede einzelne K. G. ihr bestes und edelstes zur Milderung der Not getan. In E. konstituierte sich gleich nach dem ersten Transport der Evakuierten ein Hilfskomitee, aus dem nachstehende Herren zu Sektionsvorständen gewählt wurden: K. V. Ed. Löwy, Obmann sämtlicher Sektionen, Dr. Grünfeld, Wohlfahrt, Dr. Grünhut, Rechtsschutz,'Dr.•'•Zentner (ihm stand hilfreich zur Seite Frau OKt." 'S* Wil-r kowitsch), Küchenverwaltung, Dr. Glaser, Medizin, Dr. Kraus, Finanzen, Ferdinand Koretz, Spedition, Viktor Gelber, Aufsicht, Okt. Wilkowitsch, "Beriehterstattúns: und Verdolmetschung, Wilhelm Herrmann, Wirtschaft, Isidor Springer, Spenden. Als Sektionsvorstände für Pograth, Hugo Karpeles und für Wies Josef Lenk Aber nach und nach ermüdete alles, denn Krieg und Elend hatten allzulange Dauer. Anfangs trug Herr Isidor Springer viel Sorgen und Lasten um die unglücklichen Evakuierten, doch leider, inmitten seines Schaffens (16. April 1917) entriß ihn der- unbarmherzige Tod. — Und nun blieb als einziger Rettungsanker der K. V. Löwy. Hilfreich an seiner Seite aber stand der damalige Kanzlist der Bezirkshauptmannschaft, Herr Josef Müller. Der Vorsteher mußte freilich gar oft mehr als die sprüchwörtlich gewordene Geduld eines Hillel besitzen, um nicht aus dem Sattel gehoben zu werden, da Hunderte von unglücklichen, aber auch nicht zu bescheidenen Menschen täglich Anliegen —- Wünsche und Beschwerden — an ihn hatten. Ob es galt, Kartoffel und andere Lebensmittel, oder Ledersohlen zu beschaffen! Am 29. Januar 1919 starb Herr Jakob Zuckermann, Seniorchef der Firma J. Zuckermanns Söhne in E. Der Dahingeschiedene war durch zwei Wahlperioden K. V., stand viele Jahre.im Dienste der K. G. und erwarb sich um das Aufblühen der Gemeinde unschätzbare Verdienste. Er war auch seit vielen Jahren Handelskammerrat, Vorstandsmitglied der Egerer Es-komptegesellschaft, Zensor der österr.-ung. Bank und Ehrenmitglied mehrerer Vereinigungen. Am 2. Schebuothtage (22. Mai 1923) fand im Vestibül des Tempels die Enthüllung einer Gedenktafel mit den Namen der im Weltkriege gefallenen jüdischen Soldaten unserer Gemeinde statt. Von einer Feierlichkeit aus diesem Anlasse wurde Abstand genommen. Der Tafeltext lautet: „Gedenktafel für die im Weltkriege 1914—18 gefallenen jüdischen Soldaten der Israel. K. G. Eger. JUDr. Hugo Zuckermann, Ernst B ä u m 1, Otto Fleischer, Ernst K o h n, Josef S a 1 u s, Felix Buchsbaum, Emil Herrmann, Karl S a 1 u s, Stephan D a r a n y i. Aus Anlaß des 30 jähr. Bestandes unseres Tempels wurde am 2. Sept. 1923 ein feierlicher Gottesdienst abgehalten, zu welchem Herr Okt. Wilkowitsch eine Festhymne verfaßte und vertönte, die mit verstärktem Chor und Orgelbegleitung zum Vortrage gebracht wurde. Die Festpredigt hielt Herr Rb. Dr. A. Grünfeld. Nach dem Gottesdienste hielt Herr K. V. Löwy eine auf das Fest bezughabehde Ansprache und enthüllte eine Tafel, die folgenden Text trägt: „Der Bau des Gottesdienstes wurde im März 1892 begonnen und im Juli 1893 vollendet. — Vorstand: Max Gottlieb, Vorsteher, Simon Wetzler, Stellvertreter; — Beiräte: Moritz Beck, Alois Schleim, Michael Winternitz, Herrmann Wessi; — Ersatzmänner: Isidor Löbl, Eduard Löwv: — Baukomitee: Max Gottlieb, Obmann, Herr- mann Zuckermann, Stellvertreter; Siegmund Gutten-stein, Josef Fischl, Friedrich Heller, Heinrich Drechsler, Louis Löwenstein, Adolf: Köhner., Just. Rät Dr. Eduard Reichl, Moritz Zentner, Eduard. Löwy, Leopold Steininger, Richard Schnabel. Eduard Reichl, Emanuel Schick. -— Dem Andenken dieser verdienstvollen Männer von der K. ,G. iň E. anläßlich des 30 jähr. Tempelbestandes am 29. Juli 1923 gewidmet.'* Aus Anlaß des .70. Geburtstages des K. V. Eduard Löwy fand am 25. Dezember 1925 im Tempel ein überaus feierlicher Gottesdienst statt, zu welchem der OKt,. Wilkowitsch ein. Festlied verfaßte und vertonte. Dieses Lied wurde-während des Gottesdienstes mit verstärktem gemischten Chor und Orgel-, wie Stréich-instrumenten-Begleitung vorgetragen. Die Festpredigt hielt Herr Rb. Dr. Grünfeld. In der Festsitzung wurde dem Herrn Jubilar ein angefertigtes Bild des gesamten Vorstandes, des Rb. und OKt. überreicht. Auch die Ch, K., der F. V., wie der Verein Ahawath Zion stellten sich mit vornehmen Ehrengeschenken ein. Grabmal des Dichters Dr. Hugo Zuckermann Am 13. Juni 1927 wurde auf unserem Gottesacker das Grabdenkmal für den während des Krieges gefallenen Dichter Dr. Hugo Zuckermann enthüllt. Den Bemühungen des Herrn K. V. Löwy, des Herrn Ernst Schick und des Rabbinates E. gelang es, durch tat? kräftige Unterstützung der K. G., der Ch. K., der Freunde und Gesinnungsgenossen, der Schwesterge-. meinden eine Summe von 12.000 Kč aufzubringen, um ein künstlerisches Grabdenkmal zu schaffen. Der schöne und sinnige Entwurf hat den Architekten Richard Herrmann zum Schöpfer. Gleichzeitig wurden Gedenksteine für die während des Krieges gefallenen jüdischen Soldaten in unserer Gemeinde errichtet. Die hiezu erforderliche Summe per 10.000 Kč leistete die K. G. im Vereine mit der Ch. K. Nachdem der größte Teil unseres Gottesackers belegt war, schritt die K. G. daran, eine Erweiterung vorzunehmen. Diese wurde im Ausmaße von 50 Quadratmetern auf eigenem Grund ausgeführt. Der hiefür erwachsene Kostenaufwand beträgt 32.000 Kč. Die Ch. K. spendete für diesen Zweck 15.000 Kč. — Plan und Voranschlag wurde von Herrn Ing. Em. Adler, der Bau vom Baumeister. Adolf Markl bestens durchgeführt. Und nun schreiten die Vertreter unserer K. G., wie jene der Ch. K. und alle anderen berufenen Persönlichkeiten daran, eine Zeremonienhalle größern Ernst Schick Dr. Moritz Zuckermann Obkt. Arn1'!! V ilkowitsch Rudolf Fischl Stils auf unserem Gottesacker zu errichten. Dieses Be-streben entspringt dfim Geiste unserer Patriarchen — Jakob, Josef Moses usw., die bei ihren großen Zielen im Leben auch an ihr Sterben nicht vergaßen! ... Bei der Ausgestaltung und der liebevollen Pflege unseres Gottesackers .erwarben, sich.unsterbliche Verdienste die Vórstehér/der Ch. K., u. zjiv..die Herren: Eduard Löwy, Williělm Herrmann und der nun amtierende Obmann Rudolf Fischl. Ihrer Umsicht ist es zu verdanken, daß unser Friedhof als mustergültig bezeichnet werden darf. . . :. Ani 1. Januar 1928 verließ nach 14. jähriger Tätigkeit Herr Rb. Dr. Arnold Grünfeld sein Amt in E. und am 1. August desselben Jahres besetzte dessen Stelle Herr Rb. Dr. Israel Schapira aus Berlin. Er vereinigt gründliches Wissen sowohl auf jüdischem, als auch auf-profanem Gebiete. Schon im J. 1910 veröffentlichte er eine in hebräischer Sprache abgefaßte Broschüre unter dem Titel: Hitkommut haikkarim beerez Romania. Im J, 1927 erschien seine wissenschaftliche Abhandlung „Der Antisemitismus in der französischen Literatur" im- Philoverlag in Berlin. Herr Dr. Israel Schapira hat ferner wissenschaftliche Beiträge für die „Encyclopaedia Judaica" sowie für das „Jüdische Lexikon' geliefert. Über einen einstimmigen Sitzungsbeschluß der K. G. Königsberg a. d. Eger wurde dieselbe laut Erlaß der Landesbehörde vom 13. Dez. 1931 an die Egerer K. G. angeschlossen. Die K. G. Eger hat sämtliche Aktiven und Passiven übernommen, u. zw. den Tempel, den Friedhof und zwei kleine Wohngebäudle samt Stiftungslegaten. Wohl fand der besagte Beschluß nicht die Zustimmung der K. G. Falkenau a. d. E., in deren Bezirk Königsberg liegt, allein mittels Erlasses vom 13. Dezember 1931, ZI. 604.559, ai. 1931-7/B., 516/9, ai. 1930 hat der Landespräsident zugunsten der K. G. Eger in punkto der Angliederung entschieden. Mit diesem Zeitpunkte hat eine einst weltberühmte K. G. infolge der unaufhaltsamen Abbröcklung ihre selbständige Verwaltung eingebüßt. Über die Geschichte der K. G. in Königsberg a. d. E. wird an anderer Stelle berichtet. Vor dem Kriege bereits wurde die dringende Notwendigkeit der Gründung einer Station zur Beförderung durchreisender Armen nach ihrer Heimat erkannt. E. bildet schon deswegen den wichtigen Knotenpunkt für hilfeheischende Glaubensgenossen, weil diese Stadt an drei Kurorten (Franzensbad, Marienbad undi Karlsbad) und án zwei Grenzen (Bayern und Sachsen) liegt. Eine Bewegung zur Bekämpfung des Berufs-Wan-derbettels ging szt. von der Wiener Union aus, die ihren Sekretär (Fleischer s. A.) anher sandte, eine Durchwanderer-Station in E. zu schaffen. Die Vorbereitungen hiezu waren soweit gediehen, daß die einschlägigen Drucksorten bereits aus Wien an den hiesigen K. V- eingelangt waren. Indessen aber brach der Weltkrieg aus, der alle guten Bestrebungen und edlen Pläne über Bord warf. Nach Kriegsende war jede Möglichkeit genommen, mit Wien die Wanderbettel-Aktion fortzuführen. Die dringende Notwendigkeit aber, dem professionellen Wanderbettel wirksam zu begegnen und dennoch děr Armut die Hand nicht zu verschließen erheischte die Schaffung einer Zentralfürsorge innerhalb der K. G., die am 15. Mai 1927 ins Leben gerufen wurde. Die zentrale Fürsorge übernahm auch die Weiterbeförderung der Glaubensgenossen aus den westlichen Ländern — eine Aufgabe, die durch die Wirtschaftskrise immer mehr erschwert wurde. Die Ausgaben für den allgemeinen Wanderbettel bestreiten: die K. G., die Ch. K., der F. V. und die Gemeindemitglieder durch Leistung von Mitgliedsbeiträgen. Die bedeutenden Kosten, die durch die Weiterbeförderung von Rückwanderern erwachsen, werden auf Rechnung des Landesverbandes der I. K. G. mit deutscher Geschäftssprache in Böhmen (Sitz in Tep-litz-Schönau) bestritten. An der Spitze der Zentralfürsorge stand seit Beginn der Aktion bis zum 31. Jänner Herr Rudolf Bio ch. Gegenwärtig bekleidet diese Ehrenstelle Herr Ernst Schick. Als Kassierin wirkt seit der Gründung Frau Okt. Selma Wilkowitsch, die dieselbe Ehrenstelle auch im Frauenverein inne hat. *) M. G. W. J. 1900, S. 298. 2) Einleitung zum Buche Leket Joscher, Nr. 74. 3) Leket Joscher I., S. 105. 4) Vgl., was ich über ihn in der Encyclopaedia Judaica V, S. 875, berichtet habe. s) R. G. A. Terumat ha-Deschen II, Nr. 139. 6) Leket Joscher I, S. 64. 7) R. G. A. Israel Brunna, Nr. 195 und siehe, was ich über R. Eleasar aus Passau in ZGJTsch. I, S. 232, berichtet habe. 8) A. a. 0., Nr. 227. 6) R. G. A. Maharil, Nr. 74. 10) R. G. A. Jakob, Weil, Nr. 25, 115. ") A. a. 0., Nr. 79. 12) Leket Joscher in der Einteilung, Nr. 109. ") A. a. 0. ") R. G. A. Israel Brunna, Nr. 67. 15) Grätz, Geschichte der Juden VIII, S. A. 1 16) Einteilung zu Leket Joscher, Nr. 109. 17) A. a. 0. ... **) A. a. O., Nr. 108. lfl) A. a. 0., Nr. 18. ; \ Eger 9